Gesundheitspolitik

GKV: Finanzreserven von 20 Mrd. Euro

Berlin (ks). Die gesetzlichen Krankenkassen können sich auch im 1. Quartal 2012 satter Einnahmeüberschüsse erfreuen. Rund 1,51 Mrd. Euro sind es diesmal. Gesundheitsfonds und Krankenkassen haben sich mittlerweile ein solides Finanzpolster zugelegt: Ende März verfügten sie rechnerisch über Reserven in einer Größenordnung von rund 20 Mrd. Euro – davon etwa 11,5 Mrd. Euro bei den Krankenkassen und 8,5 Mrd. Euro beim Gesundheitsfonds.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr will, dass die gute finanzielle Lage der Kassen den Versicherten zugute kommt. Erneut forderte er die Kassen auf, Prämien auszuzahlen oder ihr Leistungsangebot zu verbessern. Gegenwärtig gebe es nur zehn, vornehmlich kleinere Kassen, die Ausschüttungen an ihre Versicherten vornehmen, so Bahr.

280 Millionen Euro mehr für Arzneimittel

Zum Leidwesen der pharmazeutischen Industrie sieht man im Bundesgesundheitsministerium (BMG) keinen Anlass, die befristeten Zwangsmaßnahmen gegen die Branche früher als geplant aufzuheben. Nach den im vergangenen Jahr erstmals rückläufigen Ausgaben für Medikamenten, war im 1. Quartal 2012 wieder ein Anstieg um 3,7 Prozent bzw. 280 Mio. Euro auf 7,92 Mrd. Euro zu verzeichnen. Damit liege man aber noch immer um rund 100 Mio. Euro unterhalb der Ausgaben des 1. Quartals 2010, betont man im BMG. Dort sieht man sich daher einmal mehr bestätigt, dass das schwarz-gelbe Arzneimittel-Sparpaket richtig war und weiterhin wirkt. Die Zahlen machten aber auch deutlich, dass die kurzfristig wirksamen Maßnahmen – insbesondere das bis Ende 2013 befristete Preismoratorium und der erhöhte Herstellerrabatt für Nicht-Festbetragsarzneimittel – weiterhin erforderlich seien, heißt es in der Pressemeldung des Ministeriums. Hätte man der Forderung der pharmazeutischen Industrie nachgegeben und den erhöhten Herstellerrabatt und das Preismoratorium frühzeitig aufgehoben, läge der aktuelle Zuwachs vermutlich wieder im annähernd zweistelligen Bereich, so das BMG.

Aus Sicht des Ministeriums kommt es jetzt darauf an, die Rahmenbedingungen für Wirtschaftlichkeit und Preiswettbewerb in der Arzneimittelversorgung und bei der Versorgung mit Impfstoffen dauerhaft zu verbessern. Dafür sollen die frühe Nutzenbewertung und die sich ihr anschließenden Preisverhandlungen sorgen. Weitere Entlastung sollen neue Festbeträge sowie Rabattverträge bringen. Nach Angaben des Ministeriums konnten die Einsparungen durch vertraglich vereinbarte Rabatte im Vergleich zum 1. Quartal 2011 von 304 Mio. Euro um 105 Mio. Euro auf 409 Mio. Euro erhöht werden.

Pharmaindustrie: Erhöhter Zwangsrabatt muss fallen

Die Verbände der Pharmaindustrie reagierten auf die Ausführungen des Ministeriums verständnislos. Für Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) gibt es angesichts der soliden Kassenfinanzen keinen Zweifel: "Der rechtlich umstrittene 16-prozentige Zwangsrabatt, der den Pharmaunternehmen aufgebürdet wurde, kann nicht als Notmaßnahme bestehen bleiben." Die Bundesregierung müsse sich entscheiden: Entweder sei die Situation der Krankenkassen so schwierig, dass diese Zwangsmaßnahme gegen die Pharmaindustrie gerechtfertigt ist – oder aber die sachliche Grundlage für den Zwangsrabatt ist entfallen. "Dann ist es Zeit zu handeln", so Fischer.

Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) fordert schon lange, Preismoratorium und erhöhten Zwangsrabatt abzuschaffen. "Solche staatlichen Eingriffe sind nur dann zulässig, wenn die gesamtwirtschaftliche Situation sie erfordern", erklärte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Doch dies sei hier nicht der Fall. "Das Gegenteil ist Realität, die pharmazeutische Industrie finanziert ein immer weiter wachsendes Finanzpolster der GKV", sagte Fahrenkamp.



AZ 2012, Nr. 26, S. 1

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