Gesundheitspolitik

ABDA will 9,14 Euro – aber Koalition lässt Apotheker noch zappeln

Beratung der AMG-Novelle geht in die entscheidende Phase

Berlin (lk). Die Beratung der AMG-Novelle geht mit der Anhörung im Gesundheitsausschuss am Montag, dem 11. Juni, in die entscheidende Phase: Die Gesundheitspolitiker von Union und FDP haben mit dem letzten Antragspaket ihre Vorbereitungen für das letzte arzneimittelrechtliche Gesetzesvorhaben dieser Wahlperiode vorerst abgeschlossen. In der elfseitigen Ausschussdrucksache fehlen allerdings die mit Spannung von Apothekern und Arzneimittelherstellern erwarteten "Big Points": der versprochene Honorarzuschlag und die Vertraulichkeitsklausel für die Preisverhandlungen.

Die Koalition lässt Apotheker und Arzneimittelhersteller somit noch zappeln. Denn Änderungsanträge können noch nach der Anhörung am 11. Juni bis zur abschließenden Beratung des Gesundheitsausschusses am 27. Juni eingebracht werden. "Es hängt vom Ausgang der Anhörung ab, ob da noch etwas kommt", heißt es in Koalitionskreisen vielsagend.

Ungeachtet der bereits bekundeten Ablehnung fordert die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in ihrer 22-seitigen Stellungnahme zur Anhörung der AMG-Novelle eine kräftige Erhöhung des Apothekenhonorars. Wie bereits vor wenigen Wochen dargelegt, bekräftigt die ABDA die Forderung nach insgesamt 624 Millionen Euro Honorarzuschlag.

Klar ist jedoch, dass diese Forderung von Union und FDP nicht vollständig erfüllt wird. Das hatten CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn und sein FDP-Kollege Heinz Lanfermann zuletzt beim DAV-Wirtschaftsforum Anfang Mai in Potsdam unmissverständlich klargemacht. Allerdings versprachen beide Koalitionspolitiker, etwas für die Apotheker zu tun. Im Gespräch ist in der Koalition ein Betrag von rund 200 Millionen Euro.

Diskutiert wurde in der Koalition über eine Anpassung des Nacht- und Notdiensthonorars ebenso wie über eine Aufstockung der BtM-Vergütung. Das müsste in der AMG-Novelle geregelt werden. Nach aktuellen Informationen könnte der Honorarzuschlag aber auch erst im Herbst im Rahmen einer größeren politischen "Geschenkaktion" mit Blick auf das Wahljahr 2013 erfolgen. Denn die Koalition rechnet mit weiter steigenden Milliardenüberschüssen in den Sozialkassen. Es soll ein die Wähler beeindruckendes Entlastungspaket geschnürt werden.

Honoraranpassung abseits der AMG-Novelle möglich

Außerhalb der AMG-Novelle könnte die Koalition ihr Honorarversprechen an die Apotheker dann mit einer Erhöhung des Packungshonorars umsetzen. Dies ist per einvernehmlicher Rechtsverordnung des Bundeswirtschafts- und Bundesgesundheitsministeriums möglich. Es entspräche somit dem ebenfalls auf dem DAV-Wirtschaftsforum von DAV-Chef Fritz Becker geäußerten Wunsch nach Anpassung des Fixhonorars.

Die ABDA stützt ihre Honorarforderung unter anderem auf die verschlechterte wirtschaftliche Lage vieler Apotheken. "Die Betriebsergebnisse der Apotheken sind rückläufig und immer mehr Apotheken schließen", heißt es in der Stellungnahme. Grund hierfür sei die seit 2004 unveränderte Vergütung der apothekerlichen Leistungen, der steigende Personal- und Sachkosten gegenüberstünden: "Um die pharmazeutische Versorgung weiterhin flächendeckend sicherzustellen fordert die ABDA, wieder ein ausgewogenes Verhältnis von Vergütung und Kosten herzustellen."

Die Argumente der ABDA

Dazu müsse das 2004 eingeführte packungsbezogene Fixum in Höhe von 8,10 Euro angepasst werden. Die Apotheken hätten seitdem ihren Stückrohertrag nur leicht auf 103,4 Prozentpunkte steigern können, rechnet die ABDA den Bundestagsabgeordneten des Gesundheitsausschusses vor. Demgegenüber seien die GKV-Einnahmen auf 131 Prozentpunkte gestiegen, das Bruttoinlandsprodukt auf 119,9, die ADEXA-Tariflöhne auf 118,0, der Index der Lebenshaltungskosten auf 114,4: "Die Apotheken sind dadurch von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt."

Die 2004 im Konsens der Politik mit GKV und Apothekerschaft gefundene leistungsgerechte Vergütung von 8,10 Euro pro Packung hätte – lege man die realen Kostensteigerungen für Personal- und Sachkosten in der Systematik der Schiedsstelle nach § 130 SGB V zugrunde – bis zum Jahr 2012 um 1,04 Euro auf 9,14 Euro gesteigert werden müssen, so die ABDA.

Die AMNOG-Sparpolitik der Regierungskoalition habe die schwierige wirtschaftliche Situation der Apotheken zusätzlich verschärft: "Wir halten es für dringend erforderlich, das Vergütungssystem der Apotheken an die Kostenentwicklung in den Jahren 2004 bis 2012 in Höhe von mindestens 624 Millionen Euro anzupassen." Dazu sollten laut ABDA eine einheitliche Pauschale zur Vergütung des Nacht- und Notdienstes eingeführt, die Rezepturzuschläge nach Arzneimittelpreisverordnung angepasst und die Betäubungsmittelgebühr nach Arzneimittelpreisverordnung erhöht werden.

Darüber hinaus fordert die ABDA eine Klarstellung hinsichtlich der Ausgangsbasis für die Verhandlungen über die Anpassung des Apothekenabschlages für das Jahr 2013. "Es sollte gesetzlich klargestellt werden, dass diese zeitlich befristete Erhöhung des Abschlages bei der Anpassung des Abschlages im Verhandlungsweg für die Folgejahre nicht fortwirkt. Dementsprechend ist die Ausgangsbasis der Verhandlungen für das Jahr 2013 auf 1,75 Euro klarstellend festzuschreiben."

Als zweiten wichtigen Punkt ihres Forderungskataloges verlangt die ABDA von der Bundesregierung die Erfüllung des Pick-up-Verbot-Versprechens. Soweit ein isoliertes Verbot von Pick-up-Stellen als nicht realisierbar angesehen werde, sei es – wie vom Bundesrat gefordert – konsequent, das über den Versandhandel beziehbare Arzneimittelsortiment auf nicht verschreibungspflichtige Präparate zu begrenzen.

Anders ist die Ausgangslage für die Pharmafirmen: Die Arzneimittelhersteller hoffen auf eine gesetzliche Klarstellung zum Thema Vertraulichkeit bei den angelaufenen neuen Preisverhandlungen. Dies kann nur noch in der anstehenden AMG-Novelle geregelt werden. Die verhandelten Preise sollen nicht in der Lauer-Taxe erscheinen. Dort sollen weiterhin die von den Herstellern festgelegten Ausgangspreise veröffentlicht werden. Die Union steht dieser Forderung offen gegenüber. Zuletzt sperrte sich noch die FDP – sie will jeden Anlass vermeiden, erneut als Klientelpartei angeprangert zu werden. Allerdings heißt es, der Widerstand der FDP sei überwiegend taktischer Natur und keineswegs "mannhaft".



AZ 2012, Nr. 24, S. 1

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