Gesundheitspolitik

Risse und Ängste

Außen bröckelt’s und innen köchelt’s. Es gehen Risse durch das Apothekerhaus der ABDA in der Berliner Jägerstraße. Physische Risse. Schuld daran waren dem Vernehmen nach die Abrissarbeiten beim Nachbarhaus. Just dem Haus, mit dessen Kauf die ABDA noch im vergangenen Jahr liebäugelte, um es abzureißen und ein bürotaugliches Haus zu errichten. Öffentliche Kritik am Kauf, auch von unserer Seite, trug mit dazu bei, dass die Mitgliederversammlung sich gegen den Erwerb entschied. Zum Glück. Man kann nur spekulieren, welche erhöhten Baukosten auf die ABDA zugekommen wären. Jetzt sind andere für die Risse und Schäden am ehemaligen Bankgebäude zuständig.


Psychische Risse bei den Angehörigen der Apothekervertretung, also den Apothekerinnen und Apothekern, könnte dagegen eine geplante Satzungsänderung der Berufsvertretung ABDA auslösen. Mitglieder der Organe, der Ausschüsse und sonstigen Gremien sollen keine Inhalte von Sitzungen oder vertrauliche Informationen nach außen tragen. Diejenigen, die sich nicht daran halten und plaudern, sollen "zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet" werden. Das ist starker Tobak.

Keine Frage, es ist das gute Recht eines Verbands, Vereins, einer Organisation, die Mitglieder zum Stillschweigen zu verpflichten. Es muss möglich sein, dass intern offen diskutiert wird, ohne dass gleich die Welt davon erfährt. Aber eine solche Verschwiegenheitsverpflichtung mit Schadensersatzforderungen zu belegen (wie würden die eigentlich berechnet?), das ist heftig.

Aber es ist auch ein Signal nach außen, das nicht so recht in die heutige Zeit passt. In einer Zeit von social media, offenen Internetforen und Trends zur Piratenpartei, in einer Zeit mit dem Ruf nach mehr Transparenz, mehr Offenheit und nach mehr Diskussion legt die ABDA krachend den Rückwärtsgang ein. Frei nach dem Motto: So bauen wir uns eine Wagenburg. Was ist das für ein rückwärtsgewandter Beruf? Wovor hat die ABDA Angst? Wozu soll dieser schadensersatzbewehrte Maulkorberlass dienen? Schürt eine solche Haltung nicht erst recht Misstrauen? Wer sich so abschottet, hat Geheimnisse, die nicht alle wissen dürfen, oder? Natürlich ist es auch ein Versuch der Berufsvertretung, die kritische Berichterstattung über Vorgänge der ABDA zu erschweren. Aber letztlich haben solche Verbote und Erlasse noch nie geholfen. Wichtige Informationen finden auch weiterhin ihren Weg nach außen, erst recht im Zeitalter von Twitter, SMS und Internet.


Peter Ditzel



AZ 2012, Nr. 22, S. 1

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