Management

Modernes Empfehlungsmarketing in der Apotheke

Mit langem Atem zur Empfehlungsthematik hinleiten

Obwohl das Wissen um die Bedeutung des Empfehlungsmarketings vorhanden ist, sprechen nur die wenigsten Apotheker das Thema Empfehlung an. Gründe sind vor allem die Angst vor dem Kunden-Nein und unzureichendes Know-how.

Vertrauensbonus nutzen

Viele Apotheker scheuen sich davor, die Empfehlungsbitte auszusprechen – die Angst vor dem Kunden-Nein ist zu groß. Aber allein der pragmatische Grund, dass eine Empfehlung bei der Neukundengewinnung Gold wert ist, sollte den Apotheker zu der folgenden Überlegung veranlassen: "Wenn ich mir einen neuen Laptop zulegen will – wem vertraue ich mehr? Der farbigen Zeitungsannonce, in der der Laptop mit hoher Leistung zum tollen Preis in den höchsten Tönen gelobt wird? Oder dem Bekannten, der mir ein Gerät empfiehlt, das er selbst im Büro stehen hat?"

Mit anderen Worten: Es spricht einiges dafür, die Angst vor dem Kunden-Nein zu überwinden und das Empfehlungsmarketing zum Hauptstandbein der Neukundenakquisition zu entwickeln. Denn tritt der begeisterte Kunde als Empfehlungsgeber auf, hat der Apotheker den unschätzbaren Vorteil, beim Neukunden bereits über einen Vertrauensbonus zu verfügen.

Der Apotheker bittet den Kunden also, die Apotheke zu empfehlen, am besten verknüpft mit einem konkreten Anlass:

  • "Das Team freut sich, wenn Sie das Produkt, das Sie so begeistert hat, weiterempfehlen."

  • "Vielleicht haben Sie jemanden in Ihrem Bekannten- oder Kollegenkreis, dem Sie unsere Dienstleistung empfehlen können."

  • "Wenn einer Ihrer Bekannten ein ähnliches Problem wie das hat, das wir heute für Sie lösen konnten, bitten Sie ihn doch, auch einmal bei uns vorbeizuschauen."

Diese Formulierungen fordern nicht die sofortige Entscheidung des Kunden heraus, er muss also nicht direkt mit einem Ja oder Nein reagieren oder gar Namen nennen. Vielmehr kann und soll er in Ruhe überlegen, ob es für ihn möglich ist, die Apotheke weiterzuempfehlen. Der Apotheker pflanzt mit jenen Bitten einen Samen ein, der nach dem Apothekenbesuch aufgeht und im Idealfall zu einer Empfehlung führt.

Selbstüberzeugung stärken

"Den Kunden jetzt auch noch um eine Weiterempfehlung bitten – nein, das mache ich nicht." Wer solche Bedenken hat, sollte sich verdeutlichen: Ein von der Qualität seiner Produkte und Dienstleistungen überzeugter Apotheker darf und muss Selbstbewusstsein an den Tag legen und dem Empfehlungsgeber – dem aktuellen Kunden in der Apotheke – signalisieren: "Sie können meine Dienstleistungen und Produkte ruhigen Gewissens empfehlen, denn ihre Qualität ist so ausgezeichnet, dass sie auch Ihrem Bekannten von Nutzen sein können!"

Und der Empfehlungsgeber ist vielleicht sogar erfreut darüber, dass er dafür verantwortlich sein darf, wenn der Kollege oder Verwandte einen wertvollen Tipp erhält. Immerhin ist er selbst von dem – zum Beispiel – Pulsmessgerät so überzeugt, dass er es in dieser Apotheke gekauft hat. Warum sollte er es dann nicht jemandem empfehlen?

Know-how aufbauen

Der Apotheker sollte sich intensiv mit den verschiedenen Varianten und Möglichkeiten des Empfehlungsmarketings beschäftigen. Denn so verliert er die Scheu davor, sie einzusetzen und zu nutzen.

Wichtigste Variante ist die Bitte, die Apotheke im Verwandten- und Bekanntenkreis zu empfehlen. Wenn der Apotheker über eine Website verfügt und darüber die Neukundenansprache forcieren will, kann er den Kunden überdies fragen, ob er ihn auf der Homepage zitieren, ihn also als Referenzkunden nennen darf.

Zur Empfehlungsthematik langsam hinleiten

Meistens bietet der gelungene Abschluss Gelegenheit, den Königsweg zur Neukundengewinnung einzuschlagen. Wichtig ist, den Kunden mit der Empfehlungsthematik nicht zu überfallen. "Da fällt mir spontan noch ein: Gibt es denn nicht jemanden, dem das auch gefallen könnte?" Die Folge dieser überstürzten Vorgehensweise: Der Kunde fühlt sich unter Druck gesetzt. Die Sie-Orientierung fehlt ("Da fällt mir ein ..:"), mit dem Konjunktiv suggeriert der Apotheker, er könne sich gar nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, denen das Produkt auch nützlich sein könnte. Hinzu kommt die Verneinung ("Gibt es denn nicht jemanden ..."), die dem Kunden ein Denkverbot auferlegt.

Der Trainer Klaus-J. Fink, Experte für Empfehlungsmarketing, schlägt eine Alternative vor: Der Apotheker bereitet die Empfehlungsthematik langsam vor. Ziel ist, dass der Kunde vor seinem geistigen Auge diejenigen Menschen aufmarschieren lässt, für die zum Beispiel das Produkt, das er soeben erstanden hat, gleichfalls von Interesse sein könnte.

Konkret: Der Apotheker versetzt den Kunden zunächst einmal gedanklich in eine Zukunft, in der dieser die Vorteile des Produktes genießt und nutzt, um schließlich auf die Empfehlung hinzuleiten: "Wenn Sie jetzt zukünftig mit Hilfe des Pulsmessgeräts Ihre Laufleistung verbessern, gesünder leben und vielleicht sogar im nächsten Jahr an dem Kurzmarathon teilnehmen: Gibt es in Ihrem Kollegenkreis oder unter den Bekannten Menschen, die ebenfalls regelmäßig joggen? Könnten diese Personen von solch einem Gerät profitieren? Mein Team und ich freuen uns, wenn Sie uns diesen Personen empfehlen!"

Diese Hinleitung ist geeignet, einen Kunden zum Empfehlungsgeber zu entwickeln. Gelingt es dem Apotheker, den Kunden davon zu überzeugen, dass dieser durch seine Empfehlung einem Bekannten oder Kollegen nützlich ist, steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit enorm.

Kreative Wege einschlagen

Eine weitere Option besteht darin, die Empfehlungsthematik nicht zum Ende des Gesprächs ins Spiel zu bringen, sondern zu einem eher ungewöhnlichen Zeitpunkt. Bleiben wir bei dem Beispiel, dass der Apotheker den Kunden im Frei- und Sichtwahlbereich zu der Frage berät, welches Pulsmessgerät das richtige für ihn ist. Er sagt dann in einem sehr frühen Gesprächsstadium: "Mein Anspruch an unser heutiges Gespräch ist, dass Sie von unseren Angeboten so begeistert sind, dass Sie unsere Apotheke in Ihrem Kollegen- und Bekanntenkreis weiterempfehlen werden."

Angenehmer Nebeneffekt: Wer so vorgeht, dokumentiert Selbstbewusstsein, das den Empfehlungsgeber beeindrucken mag.

Das Team für das Thema sensibilisieren

Meistens fällt es den Mitarbeitern noch schwerer als dem Apotheker, die Empfehlung anzusprechen. Dazu sollte sich das Team im Vorfeld – etwa in einem Meeting – mögliche Formulierungen überlegen, wie es im Kundengespräch auf das Thema hinlenken kann. Zudem können Apotheker und Mitarbeiter die Anwendung dieser Formulierungen trainieren und einüben – das verleiht auch Sicherheit.

Meetingziel ist, das Empfehlungsmarketingwissen der Mitarbeiter zu erweitern und sie für die verschiedenen Alternativen zu sensibilisieren. Auch die Überwindung der "Angst vor dem Kunden-Nein" wird diskutiert. Und selbstverständlich kann der Apotheker es in die Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern aufnehmen, dass ab jetzt jeder Mitarbeiter Empfehlungsgespräche führen soll.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2012, Nr. 19, S. 6

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