Gesundheitspolitik

Bescheiden

Die ABDA fordert 624 Millionen Euro mehr jährliches Honorar für die Apotheken. Diese Zahl erscheint für Apotheker zunächst groß. Sie entspricht einer Erhöhung des Fixzuschlages auf 9,14 Euro. Nach acht Jahren mit 8,10 Euro klingt das hingegen eher gemäßigt. Ob Politiker dies auch so sehen werden, ist eine andere Frage. Schauen wir genauer hin: Den bisherigen Honorarzuwächsen aufgrund gestiegener Packungszahlen steht mehr Arbeit gegenüber, das war also keine Dynamisierung. Die nun geforderten 624 Millionen Euro sind gemessen am Gesamthonorar aus der Arzneimittelabgabe gut 12 Prozent. Demnach fordert die ABDA gerade mal etwa 1,5 Prozent mehr für jedes der acht Jahre seit der Umstellung der Honorierung. Das ist kaum der Inflationsausgleich. Gemessen an den aktuellen Gewerkschaftsforderungen für den öffentlichen Dienst ist es geradezu lächerlich wenig.

Daneben gibt es noch eine weitere Sicht: Nach ABDA-Berechnungen verursacht allein der Notdienst jährlich einen Fehlbetrag von 192 Millionen Euro. Für Rezepturen wurde mal ein Defizit von 140 Millionen Euro genannt, doch beruhte dies auf der alten ApBetrO. Diese Kosten dürften künftig erheblich steigen. Früher konnten solche Verluste durch Mischkalkulationen ausgeglichen werden. Doch heute stehen OTC-Arzneimittel in einem harten Preiswettbewerb, Rabatte für Rx-Arzneimittel sind weitgehend abgeschafft und durch Rabattverträge gebeutelte Hersteller haben kaum noch Spielraum für Skonti. Das alles hat sich erst seit 2004 ergeben und ist politisch gewollt. Bereiche mit einem guten Plus, die Verlustbringer subventionieren könnten, sind heute gesellschaftlich geächtet. Daher muss sich jede Leistung selbst tragen, auch Notdienst und Rezeptur. So kann mehr als die Hälfte der geforderten 624 Millionen Euro als längst fälliges Honorar für solche Sonderleistungen verbucht werden. Die restliche Forderung nimmt sich dann geradezu mickrig aus. Sie ist nicht einmal ein vollständiger Ausgleich für die gestiegenen Kosten der Vergangenheit und längst kein Vorschuss auf neue patientenorientierte Leistungen oder angemessene Gehälter für die Apothekenmitarbeiter in der Zukunft. Alles in allem ist die ABDA-Forderung damit sehr bescheiden.


Thomas Müller-Bohn



AZ 2012, Nr. 14, S. 1

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