Gesundheitspolitik

Bundessozialgericht gibt Apothekerverband Recht

Verspätete Zahlung einer Krankenkasse nach ungerechtfertigter Rechnungskürzung lässt Rabattanspruch entfallen

Kassel (kat/ks). Der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, freut sich über einen Erfolg für die Apothekerschaft in leidigen Retaxations-Streitigkeiten mit den gesetzlichen Krankenkassen: Das Bundessozialgericht (BSG) entschied letzte Woche, dass Apotheker einen Anspruch auf Rückzahlung einbehaltener Rabatte haben, wenn eine Krankenkasse eine Rechnung nicht rechtzeitig vollständig beglichen hat. Zuvor hatte die beklagte Kasse zu Unrecht die Sammelrechnung eines Rechenzentrums gekürzt. (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. März 2012, Az.: B 1 KR 14/11 R)

Der Hamburger Apothekerverein und die in Auflösung begriffene City BKK haben lange Jahre über den Apothekerrabatt für Arzneimittellieferungen aus dem August 2003 gestritten: Die von der City BKK genutzte Abrechnungsstelle hatte im September 2003 eine Sammelrechnung des Norddeutschen Apotheken-Rechenzentrums (NARZ) erhalten. Unstreitig ist, dass die Kasse diese Rechnung fehlerhaft um 48.478,73 Euro kürzte und den fehlenden Betrag erst 16 Monate später überwies. Streitig war, ob der Kasse der Apothekenrabatt zustand, obwohl sie die Rechnung nicht innerhalb von zehn Tagen vollständig bezahlt hatte.

Das Sozialgericht Hamburg hatte die komplette Rückforderung des Apothekerrabatts für ungerechtfertigt gehalten und eine Rückzahlung von nur gut 4200 Euro ausgeurteilt. Sein Argument: Nur 2,49 Prozent des Gesamtbetrages seien nicht fristgerecht gezahlt worden. Die Berufung des Apothekervereins gegen diese Entscheidung hatte das Landessozialgericht zurückgewiesen (siehe hierzu AZ 2011, Nr. 39, S. 1).

Dieses Urteil hob nun das BSG zugunsten des Apothekerverbands auf. Die Kasseler Richter betonten, die City BKK habe von den betroffenen Apothekern den Apothekenrabatt nicht einbehalten dürfen. Der Vergütungsanspruch jedes Apothekers für an Versicherte abgegebene Arzneimittel stehe in Höhe des Apothekenrabatts "unter der auflösenden Bedingung" einer vollständigen fristgerechten Erfüllung. Sie entschieden aber noch nicht, ob die City BKK tatsächlich die vom Apothekerverein noch geforderten 165.152,42 Euro zahlen muss. Da nicht alle Apotheker Restvergütungsansprüche an den Verein abgetreten hätten und noch nicht ersichtlich sei, welche Apotheker von der unberechtigten Kürzung der Rechnung betroffen waren, könne der Senat "weder dem Grunde noch der Höhe nach" über die Ansprüche des Vereins entscheiden. Daher verwies er den Fall zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht Hamburg zurück.

Klägeranwalt Nils Hußmann erklärte nach der mündlichen Urteilsbegründung, das BSG habe klar herausgestellt, dass diejenigen Apotheker, deren Rechnung unzulässig gekürzt worden sei, den vollen Apothekerrabatt zurückerhielten. Ob das auch für Sammelrechnungen gelte, müsse sich herausstellen, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliege. Graue sprach gegenüber der AZ von einem "großen Erfolg für die Hamburger Apothekerschaft". Das Grundsatzurteil stelle klar, dass Rechnungen pünktlich zu zahlen sind. Er setzt darauf, dass nun auch andere Krankenkassen, die Apotheken mit Retaxationen überziehen, vorsichtiger sein werden.



AZ 2012, Nr. 11, S. 2

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