Wirtschaft

Alleinerziehende haben bis zu zwei Monate bezahlt frei

"Krankengeld" auch für den Nachwuchs: Arbeitgeber vor der "Kasse"

(bü). Das ist in vielen Familien hin und wieder "Alltag": Ein Kind kann morgens nicht zur Schule oder in den Kindergarten gehen, weil es mit hohem Fieber aufgewacht ist. Mutter und Vater, beide berufstätig, sprechen sich ab, dass die Mutter bei dem Kind bleibt. Ein Arzt bestätigt, dass das Kind der Betreuung bedarf. Zwei Monate später eine ähnliche Situation. Diesmal bleibt der Papa zu Hause.

Sowohl die erwerbstätige Mutter als auch der erwerbstätige Vater können für jedes gesetzlich krankenversicherte Kind, das wegen einer Krankheit nicht allein sein kann und noch nicht zwölf Jahre alt – oder (altersunabhängig) behindert – ist, bis zu zehn Arbeitstage zu Hause bleiben. Das macht bei beiderseits erwerbstätigen Eltern 20 Tage pro Kind aus. Für zwei Kinder stehen zweimal 20 Tage zu, ab drei Kindern zweimal 25 Tage – pro Jahr.

Und damit Alleinerziehende nicht im Nachteil sind, bestimmt das Gesetz, dass sie wie ein Ehepaar behandelt werden – jedenfalls mit Blick auf das "Kinderpflegekrankengeld". Im Klartext: Eine alleinstehende Mutter mit zwei Kindern kann bis zu 40 Arbeitstage bezahlt zu Hause bleiben; hat sie drei Kinder, dann sind es 50 Tage – glatte zwei Monate. Immer unterstellt, dass die kleinen Erkrankten so lange die elterliche Fürsorge benötigen – und sonst niemand im Haushalt ist, der dies übernehmen könnte, wie zum Beispiel die Großmutter oder ein arbeitsloses älteres Kind.

Was die Krankenkasse zahlt

Und wer bezahlt das Kinderpflegekrankengeld? Die gesetzliche Krankenkasse, also die AOK, die Ersatzkasse, die Betriebs-, Innungskrankenkasse oder Knappschaft. Und zwar in Höhe von 70 Prozent des vorherigen Bruttoverdienstes, begrenzt auf 90 Prozent vom "Netto". Doch halt! Zuvor lohnt ein Blick in den Arbeits- oder Tarifvertrag. Sofern darin nämlich nicht ausdrücklich geschrieben steht, dass in Fällen der Betreuung von kranken Kindern der Arbeitgeber den Lohn oder das Gehalt nicht fortzuzahlen hat, ist die Firma leistungspflichtig. Sie muss allerdings nach Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts pro Jahr nur für fünf Tage einspringen. (Diese Urteile stammen noch aus einer Zeit, in der die Krankenkassen nur 5 Tage Kinderpflegekrankengeld zu zahlen hatten. Ob das höchste Arbeitsgericht nach der Aufstockung auf 10 Tage einen gleichen Anspruch für das Arbeitsrecht anerkennt, der ja inhaltlich umfangreicher ist als der gegen die Kasse, steht dahin.)

… und die Privaten?

Besonders bedeutsam ist die Regelung, nach der der Arbeitgeber vor der Krankenkasse leistungspflichtig ist, für privat Versicherte. Da ihre Versicherungsverträge im Regelfall kein "Kinderpflegekrankengeld" vorsehen, sind diese Eltern allein auf Ansprüche gegen ihren Arbeitgeber angewiesen – wenn sie nicht per Vertrag (siehe oben) ausgeschlossen sind. (Die private Signal Krankenversicherung hat allerdings inzwischen mit der "GKV" gleichgezogen – wenn auch gegen Zusatzbeitrag. Sie bietet in einem speziellen Tarif ein vergleichbares Krankengeld an – entsprechend den Voraussetzungen, die in der GKV maßgebend sind.)

Was der Arbeitgeber zahlt

Die Arbeitgeberzahlung steht – im Gegensatz zur abgespeckten Krankenkassenleistung – zu 100 Prozent zu, folglich so, wie wenn der Arbeitnehmer krank wäre und deshalb nicht arbeiten könnte. Und die Begrenzung auf zwölf Jahre ist für Arbeitgeber im Gesetz ebenfalls nicht vorgesehen. Muss aber der Arbeitgeber den Verdienst weiterzahlen, dann ist die Krankenkasse insoweit aus dem Schneider. Ist der Chef nicht verpflichtet, Geld für solche Arbeitsausfälle zu zahlen, dann hat er aber die Mutter (beziehungsweise den Vater) unbezahlt freizustellen. Das Finanzielle übernimmt dann gegebenenfalls, siehe oben, die gesetzliche Krankenkasse der beiden.

Noch etwas: Sind Mutter und Vater bei verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen versichert, so steht ihnen unabhängig davon das Kinderpflegekrankengeld zu, bei welcher Kasse das Kind "mitversichert" ist. Und auch das ist wichtig: Hat ein Elternteil seinen Höchstanspruch in einem Jahr – zum Beispiel 10 Tage bei einem Kind – ausgeschöpft, so kann er von seinem Ehepartner noch vorhandene Betreuungstage "übernehmen". Allerdings muss sein Arbeitgeber mit dieser Tauschaktion einverstanden sein …



AZ 2012, Nr. 11, S. 5

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