DAZ aktuell

BMG verhindert Verordnungsausschluss von Gliniden

STUTTGART (du). Im vergangenen Jahr sorgte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit seinen Beschlüssen zum Verordnungsausschluss von Glitazonen und Gliniden bei Typ-2-Diabetes zulasten der GKV für Kritik. Auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wollte die Beschlüsse nicht einfach passieren lassen und hatte in beiden Fällen um eine ergänzende Stellungnahme gebeten. Während der Beschluss zu den Glitazonen inzwischen rechtskräftig ist mit der Folge, dass Pioglitazon (Actos®) ab dem 1. April 2011 nicht mehr auf Kassenrezept verordnet werden darf, wurde der Beschluss zu den Gliniden jetzt vom BMG beanstandet. Damit sind Repaglinid (z. B. NovoNorm®) und Nateglinid (Starlix®) weiterhin erstattungsfähig.

Mit Beschluss vom 17. Juni 2010 wollte der G-BA die Verordnungsfähigkeit von Nateglinid bei Typ-2-Diabetes ausschließen, Repaglinid sollte nur noch unter bestimmten Voraussetzungen bei niereninsuffizienten Typ-2-Diabetikern zulasten der GKV verordnet werden dürfen. Begründet wurde die Entscheidung vor allem damit, dass der Nutzen der Antidiabetika nicht in klinischen Endpunktstudien nachgewiesen worden sei, obwohl die Glinide zum Zeitpunkt des Beschlusses zwischen neun und zwölf Jahre im Markt waren. Mitte August hatte das BMG, dessen Zustimmung für das Inkraftreten der G-BA-Beschlüsse erforderlich ist, um eine ergänzende Stellungnahme zu dem Beschluss gebeten.

G-BA soll Belege nicht geliefert haben

Nach § 92 Abs. 1 SGB V kann der G-BA die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem therapeutischem oder diagnostischem Nutzen verfügbar ist. Nach Auffassung des BMG wäre dazu im Fall der Glinide eine vergleichende Bewertung der Unzweckmäßigkeit oder Unwirtschaftlichkeit gegenüber Therapiealternativen erforderlich gewesen. Entsprechende Belege soll der G-BA jedoch trotz Aufforderung nicht geliefert haben. Die fehlenden Endpunktstudien hat das BMG nicht als Argument für die Unzweckmäßigkeit gelten lassen. Wörtlich heißt es in dem Beanstandungs-Schreiben des BMG vom 21. Februar 2011: "Die bloße Tatsache, dass es für einzelne Therapiealternativen solche Belege gibt, genügt für den Nachweis der Unzweckmäßigkeit der Glinide jedoch nicht. Denn wenn Studien zu bestimmten Endpunkten fehlen, sagt das nichts über die Effekte eines Arzneimittels hinsichtlich dieser Endpunkte aus. Für eine vergleichende Bewertung verschiedener Arzneimittel hinsichtlich dieser bestimmten Endpunkte reicht die Datenlage in diesem Fall nicht aus. Insoweit wäre ein Verordnungsausschluss auch unverhältnismäßig."

Nutzen: G-BA muss Zulassung akzeptieren

Im Hinblick auf die zum 1. Januar 2011 geänderte Rechtslage teilte das BMG in seinem Beanstandungsschreiben mit, dass der G-BA auch nach dem bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Recht keine Befugnis zum Verordnungsausschluss der Glinide gehabt habe. Der G-BA habe nicht das Recht, aufgrund einer von den Zulassungsbehörden abweichenden Bewertung des medizinischen Nutzens Arzneimittel von der Verordnungsfähigkeit auszuschließen. Durch die arzneimittelrechtliche Zulassung seien Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bereits geprüft worden. Der Beschluss dürfe den Bewertungen der Zulassungsbehörde unter dem Aspekt des medizinischen Nutzen nicht widersprechen. Gegen die Beanstandung kann der G-BA innerhalb eines Monats Klage einreichen. Dies wird laut Auskunft einer Sprecherin des G-BA zurzeit geprüft.


Zum Weiterlesen


Typ-2-Diabetes

Pioglitazon ab April 2011 nicht mehr für Kassenpatienten.

DAZ 2010; Nr. 48, S. 46


Verordnungsausschluss der Glitazone

BMG will "Unzweckmäßigkeit" genau begründet haben.

DAZ 2010; Nr. 33, S. 23


Typ-2-Diabetes

Rosiglitazon-Vertrieb wird zum 1. November eingestellt.

DAZ 2010; Nr. 39, S. 66


Geplanter Verordnungsausschluss

BMG stoppt auch G-BA-Beschluss zu Gliniden.

DAZ 2010; Nr. 33, S. 24



DAZ 2011, Nr. 9, S. 24

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