Fortbildungskongress

Gefährliche Eingriffe in den hormonellen Regelkreis

Der Erwerb von illegal gehandelten Hormonpräparaten im Internet ist mit hohen Gesundheitsrisiken verbunden. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Brustbildung bei Männern oder Virilisierung bei Frauen, Akne, Alopezie, Störungen des Fettstoffwechsels, Leberschäden sowie Herzrhythmusstörungen. Eine weitere Gefahr geht von Fälschungen und Verunreinigungen aus.
Prof. Dr. Klaus Mohr Foto: DAZ/hel

Welche Risiken bei unsachgemäßen Eingriffen in hormonelle Botenketten entstehen, beschrieb Prof. Dr. Klaus Mohr, Bonn. Das Zusammenspiel der Geschlechtshormone in unserem Körper ist fein geregelt. Im Steuerungsorgan Hypothalamus werden die Gonadoreline freigesetzt. Sie gelangen über das hypothalamisch-hypophysäre Pfortadersystem in den Hypophysenvorderlappen und sorgen hier für die Abgabe der Peptidhormone FSH und LH. Diese veranlassen nachgeschaltete endokrine Organe wie Eierstöcke und Hoden zur Freisetzung von Geschlechtshormonen.

Dieses feine Zusammenspiel der Hormone wird durch ein Rückkopplungssystem gesteuert. Bei einer hohen Konzentration von Geschlechtshormonen im Körper sinkt die Ausschüttung der Gonadoreline aus dem Hypothalamus.

Hoden in Bohnengröße

Auf diese Weise hemmen auch von außen zugeführte Hormone die endogene Hormonfreisetzung, was zum Beispiel bei der Antibabypille oder bei der medikamentösen Kastration mit Gondorelin-Superagonisten zur Therapie des Prostatakarzinoms ausgenutzt wird. Als Folge der negativen Rückkopplung schrumpfen die Gonaden. Bei der Antibabypille und der medikamentösen Kastration ist dieser Effekt erwünscht. Problematisch wird es jedoch beim Missbrauch von androgen wirkenden Anabolika. Hier können laut Mohr die Hoden auf "Bohnengröße" schrumpfen, außerdem wird die Spermiogenese gestört.


Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe Foto: DAZ/hel

Gefahren aus dem Internet

Professor Dr. Ulrike Holzgrabe von der Universität Würzburg machte deutlich, welche weiteren Gefahren der Einsatz von illegalen Hormonwirkstoffen aus dem Internet mit sich bringt. Wirkstoffe, die Muskelkraft und Muskelmasse erhöhen sollen, sind vor allem bei Sportlern und Bodybuildern im Umlauf. Sie können illegal im Internet erworben werden, wo sie teilweise auch als Schlankheitsmittel und Anti-aging-Wundermittel angepriesen werden. Im Jahr 2002 wurde die Zahl der illegalen Konsumenten in Deutschland auf 200.000 geschätzt. Ein legales Einsatzgebiet von Anabolika ist der Eiweißaufbau bei extremer Auszehrung, wenn Diäten nicht ausreichend helfen, zum Beispiel bei Krebserkrankungen.

Eingesetzt werden eine Vielzahl von Testosteronderivaten, die teilweise metabolisch stabiler sind als Testosteron. Wegen des hohen First-pass-Effektes werden sie oft in sehr hohen Dosen eingenommen. Ein Beispiel ist Nortestosteron, das auch unter der Bezeichnung Nandrolon bekannt ist und in der Schweiz und Österreich unter der Bezeichnung Deca-Turabinol legal im Handel ist. Testosteronenantat und -undecanoat sind in Deutschland auf dem Markt. Weitere weltweit erhältliche Anabolika sind Stanozolol, Methyltestosteron und Methandienon.

Dauerhafte Gesundheitsschäden

In der DDR wurden diese Mittel teilweise sogar ohne Wissen der Athleten eingesetzt und schädigen deren Gesundheit bis heute. Berüchtigt durch seine Anwendung bei DDR-Sportlern ist zum Beispiel Dehydrochlormethyltestosteron (Oral-Turabinol). Die Tabletten waren dort als "blaue Bohnen" oder "blaue Blitze" bekannt. Der sogenannte Testosteron-Booster Dianestrozol wirkt als irreversibler Aromatase-Hemmer; er verhindert den Abbau von Testosteron und erhöht so dessen Blutspiegel. Ebenfalls als Aromatase-Inhibitor wirken auch Nahrungsergänzungsmittel, die Tribulus terrestris enthalten, den gewöhnlichen Burzeldorn.

Wachstumshormon Somatotropin

Zur Leistungssteigerung werden außerdem das Wachstumshormon Somatotropin sowie seine Abkömmlinge eingesetzt. Diese Substanzen sind oral unwirksam und müssen daher gespritzt werden. Legale Einsatzgebiete sind Wachstumsstörungen durch Hormonmangel. Beim illegalen Einsatz drohen Blutzuckererhöhungen und eine Förderung der Tumorentstehung.


hel



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DAZ 2011, Nr. 7, S. 81

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