Prisma

Tumornekrosefaktor macht müde

Patienten mit entzündlichen Erkrankungen oder Infekten leiden oftmals zusätzlich an Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und sogar Depressionen. Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des Universitätsklinikums Erlangen identifizierten jetzt den Tumornekrosefaktor alpha als Auslöser für diese Symptome.

Müdigkeit und Abgeschlagenheit machen Rheumapatienten oft zusätzlich das Leben schwer. Aktuellen Studienergebnissen zufolge ist dafür der Tumornekrosefaktor alpha verantwortlich. Foto: Wyeth Pharma GmbH

Für ihre Studie untersuchten die Forscher Patienten mit rheumatoider Arthritis sowie Mäuse, die aufgrund eines Gendefektes eine ähnliche Erkrankung zeigen. Sowohl Menschen als auch Mäuse leiden unter entzündeten Gelenken und damit verbundenen Schmerzen. Hinzu kommen in vielen Fällen Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und Depressionen. Bekannt war bisher, dass diese Symptome im ZNS entstehen. Wie jedoch die Immunabwehr und die Entzündung in den Gelenken das Nervensystem beeinflussen, war bislang unklar. Mithilfe funktioneller Magnet-Resonanztomographie an narkotisierten Mäusen konnten die Forscher jetzt neue Erkenntnisse gewinnen. Bei der Analyse der Aufnahmen von Mäusehirnen entdeckte das Team, dass ein wesentlicher Entzündungsbotenstoff, Tumornekrosefaktor alpha, zwischen Immunsystem und Gehirn vermittelt und dabei auch die Schmerzwahrnehmung entscheidend beeinflusst. Diesen Effekt konnten die Forscher auch beim Menschen beobachten.

Wirkstoffe, die den Tumornekrosefaktor alpha hemmen, werden weltweit erfolgreich zur Behandlung von rheumatoider Arthritis eingesetzt. Warum diese Therapien so rasch zu einer Linderung der chronischen Erkrankung führen, war bisher unbekannt. Dabei dämpfen die Medikamente die Schmerzen und steigern das Wohlbefinden, noch bevor die Entzündung abgeklungen ist. Diese Wirkung können die Erlanger Forscher nun erklären: Hemmt man den Tumornekrosefaktor, verringert sich die Schmerzempfindlichkeit im Gehirn, und auch die psychischen Veränderungen werden positiv beeinflusst. Die Forschungsergebnisse lassen sich vermutlich auf eine ganze Reihe von entzündlichen Erkrankungen oder auch Infektionen übertragen.

hel


Quelle: Hess, A. et al.: Proc. Natl. Acad. Sci., Online-Vorabpublikation, DOI:10.1073/pnas. 1011774108



DAZ 2011, Nr. 6, S. 8

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