Arzneimittel und Therapie

Dexmedetomidin für die Intensivstation

Das neue Sedativum Dexmedetomidin (Dexdor®) ist ein selektiver Alpha-2-Rezeptoragonist mit einem breiten Spektrum pharmakologischer Eigenschaften. Es wirkt sympatholytisch, indem es die Freisetzung von Noradrenalin in den sympathischen Nerven endigungen reduziert. Dexmedetomidin wird zur Sedierung schwerstkranker postoperativer Patienten auf Intensiv stationen eingesetzt.
Dexmedetomidin

Die sedierenden Wirkungen werden durch eine verminderte Aktivität im Locus coeruleus, dem vorherrschenden noradrenergen Nucleus, der im Hirnstamm liegt, vermittelt.

Einsparung von Analgetika und Anästhetika

Dexmedetomidin hat analgetische Wirkungen und kann die Menge benötigter Anästhetika und Analgetika senken. In placebokontrollierten Studien bei postoperativ intensivmedizinisch behandelten Patienten, die zuvor intubiert und mit Midazolam oder Propofol sediert worden waren, reduzierte Dexmedetomidin signifikant den Bedarf sowohl eines Rescue-Sedativums (Midazolam oder Propofol) als auch von Opioiden während der Sedierung, und zwar bis zu 24 Stunden lang. Dexmedetomidin bewirkt normalerweise keine tiefe Sedierung.

Im Vergleich zu Midazolam und Propofol war in einer Studie unter Dexmedetomidin die Dauer der maschinellen Beatmung kürzer als unter Mid azolam; die Patienten konnten schneller extubiert werden als unter Midazolam und Propofol. Unter Dexmedetomidin waren die Patienten leichter erweckbar, kooperativer und besser in der Lage zu kommunizieren.

Dosierung schrittweise anpassen

Intubierte und sedierte Patienten können auf Dexmedetomidin mit einer initialen Infusionsgeschwindigkeit von 0,7 µg/kg und Stunde umgestellt werden; diese kann dann schrittweise an Dosierungen von 0,2 bis 1,4 µg/kg/h angepasst werden, um die gewünschte Sedierungstiefe gemäß dem individuellen Ansprechen zu erreichen. Die Maximaldosis von 1,4 µg/kg und Stunde sollte nicht überschritten werden.

Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion sollte Dexmedetomidin mit Vorsicht angewandt werden; eine Reduktion der Erhaltungsdosis kann in Betracht gezogen werden.

Dexmedetomidin wird weitgehend in der Leber metabolisiert, durch direkte N-Glucuronidierung, direkte N-Methylierung und durch Cytochrom-P450-katalysierte Oxidation. Die mittlere terminale Eliminationshalbwertzeit (t1/2) beträgt etwa 1,9 bis 2,5 Stunden (min. 1,35 Stunden, max. 3,68 Stunden). Der Wirkstoff wird zu 95% im Urin und zu 4% im Stuhl ausgeschieden.


Steckbrief: Dexmedetomidinhydrochlorid


Handelsname: Dexdor

Hersteller: Orion Pharma, Hamburg

Einführungsdatum: 15. Oktober 2011

Zusammensetzung: 1 ml Konzentrat enthält Dexmedetomidinhydrochlorid entsprechend 100 µg Dexmedetomidin. Die Konzentration der gebrauchsfertigen Zubereitung nach der Verdünnung beträgt 4 µg/ml. Sonstige Bestandteile: Natriumchlorid, Wasser für Injektionszwecke.

Packungsgrößen, Preise und PZN: 5 x 2 ml, 148,19 Euro, PZN 9264410; 25 x 2 ml, 702,29 Euro, PZN 9264427; 4 x 4 ml, 231,32 Euro, PZN 9264433; 4 x 10 ml, 563,82 Euro, PZN 9264456.

Stoffklasse: Sedativa. ATC-Code: N05CM18.

Indikation: Für die Sedierung erwachsener, intensivmedizinisch behandelter Patienten, die eine Sedierungstiefe benötigen, die ein Erwecken durch verbale Stimulation noch erlaubt [dies entspricht einer Klassifikation von 0 bis 3 nach der Richmond Agitation-Sedation Scale (RASS)].

Dosierung: Initial 0,7 µg/kg und Stunde; dann Einstellung auf 0,2 bis 1,4 µg/kg und Stunde.

Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile; fortgeschrittener Herzblock (Grad 2 oder 3) bei Patienten ohne Herzschrittmacher; unkontrollierte Hypotonie; akute zerebrovaskuläre Ereignisse.

Nebenwirkungen: Sehr häufig: Bradykardie, Hypotonie, Hypertonie. Häufig: Hyperglykämie, Hypoglykämie; Unruhe; myokardiale Ischämie oder Infarkt, Tachykardie; Übelkeit, Erbrechen, Mundtrockenheit; Entzugssyndrom, Hyperthermie.

Wechselwirkungen: Die gleichzeitige Anwendung von Dexmedetomidin mit Anästhetika, Sedativa, Hypnotika und Opioiden führt wahrscheinlich zu einer Verstärkung der Wirkung. In vitro wurde eine Induktion von Dexmedetomidin für CYP1A2, CYP2B6, CYP2C8, CYP2C9 und CYP3A4 beobachtet. Vorsicht ist geboten bei der Kombination von Dexmedetomidin mit kardiovaskulär wirksamen Substanzen, da sich die Wirkungen addieren können.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Vorsicht ist auch bei der Anwendung von Dexmedetomidin bei Patienten mit vorbestehender Bradykardie geboten. Die blutdrucksenkenden Wirkungen von Dexmedetomidin können vor allem für Patienten mit vorbestehender Hypotonie, Hypovolämie, chronischer Hypotonie oder mit reduzierten funktionellen Reserven von Relevanz sein. Vorsicht ist bei Patienten mit stark eingeschränkter Leberfunktion erforderlich, da hohe Dosen das Risiko für Nebenwirkungen, Überdosierung oder verlängerter Wirkdauer aufgrund der reduzierten Clearance von Dexmedetomidin begünstigen.

Vor allem kardiovaskuläre Nebenwirkungen, keine Atemdepression

Dexmedetomidin kann zu einem Abfall der Herzfrequenz und des Blutdrucks führen oder auch zu einem Anstieg des systemischen Gefäßwiderstandes und damit des Blutdrucks. Die kardiovaskulären Wirkungen sind dosisabhängig, wobei bei niedrigeren Infusionsraten die zentralen Wirkungen dominieren, was einen Abfall der Herzfrequenz und des Blutdrucks zur Folge hat. Bei höheren Dosen überwiegen die peripheren vasokonstriktiven Wirkungen, was zu einem Anstieg des systemischen Gefäßwiderstandes und damit des Blutdrucks führt, während die bradykarde Wirkung weiter bestehen bleibt.

Die häufigsten Nebenwirkungen von Dexmedetomidin waren Hypotonie (25%), Hypertonie (15%) und Bradykardie (13%). Weitere häufige (≥ 1/100, < 1/10) Nebenwirkungen in den klinischen Studien waren: Hyperglykämie, Hypoglykämie; Unruhe; myokardiale Ischämie oder Infarkt, Tachykardie; Übelkeit, Erbrechen, Mundtrockenheit sowie ein Entzugssyndrom und Hyperthermie. Dexmedetomidin ist relativ frei von atemdepressiven Wirkungen.

Die blutdrucksenkenden Wirkungen von Dexmedetomidin können vor allem für Patienten mit vorbestehender Hypotonie, Hypovolämie, chronischer Hypotonie oder mit reduzierten funktionellen Reserven von Relevanz sein – beispielsweise Patienten mit schwerer ventrikulärer Dysfunktion und ältere Patienten – weshalb in diesen Fällen besondere Sorgfalt geboten ist. Ein Hypotonus erfordert normalerweise keine spezielle Behandlung.

Vorsicht bei kardio vaskulären Erkrankungen

Bei einem fortgeschrittenen Herzblock (Grad 2 oder 3) bei Patienten ohne Herzschrittmacher, bei unkontrollierter Hypotonie und bei akuten zerebrovaskulären Ereignissen ist Dexmedetomidin kontraindiziert.

Vorsicht ist bei der Anwendung von Dexmedetomidin bei Patienten mit vorbestehender Bradykardie geboten. Bei Patienten mit einer Herzfrequenz von unter 60 ist besondere Sorgfalt erforderlich. Eine Bradykardie erfordert normalerweise keine Behandlung, spricht aber gemeinhin im Bedarfsfall auf Anticholinergika oder eine Dosisreduktion an. Patienten in gutem körperlichen Zustand mit niedriger Ruheherzfrequenz können besonders empfindlich auf die bradykarden Wirkungen von Alpha-2-Rezeptoragonisten reagieren.

Die gleichzeitige Anwendung von Dexmedetomidin mit Anästhetika, Sedativa, Hypnotika und Opioiden führt wahrscheinlich zu einer Verstärkung der Wirkung; bei gleichzeitiger Gabe kann eine Dosisreduktion von Dexmedetomidin oder des begleitenden Anästhetikums, Sedativums, Hypnotikums oder Opioids erforderlich sein. Vorsicht ist außerdem geboten bei der Kombination von Dexmedetomidin mit kardiovaskulär wirksamen Substanzen, da sich die Wirkungen addieren können.

Vorsicht ist bei Patienten mit schwer eingeschränkter Leberfunktion geboten, da hohe Dosen das Risiko für Nebenwirkungen, Überdosierung oder verlängerter Wirkdauer aufgrund der reduzierten Clearance von Dexmedetomidin begünstigen.


Quelle

Fachinformation, Dexdor® , Stand September 2011.


hel



DAZ 2011, Nr. 50, S. 40

1 Kommentar

Indikation

von Mirjam am 15.08.2019 um 16:16 Uhr

[dies entspricht einer Klassifikation von 0 bis 3 nach der Richmond Agitation-Sedation Scale (RASS)

Sie meinen wohl eher 0 - -3 wenn sie tatsächlich die RASS meinen ;)

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.