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Die CoBox sucht Flaggschiffapotheker

BERLIN (ks). Der Architekt Ulrich Baudisch hat den Apothekenmarkt für sich entdeckt. Bereits seit Dezember 2009 bietet er die sogenannte CoBox an: eine vier Quadratmeter große Kabine mit großem Bildschirm, Sofa, Scanner und elektronischer Bezahlmöglichkeit. Kunden können hier per Videokonferenz mit einer regionalen Apotheke in Kontakt treten, das pharmazeutische Personal steht ihnen dabei lebensgroß zur Beratung zur Verfügung. Rezepte können mittels eines Scanners in die Apotheke übertragen werden. Die Arzneimittel werden sodann per Boten geliefert. Bislang sind elf solcher CoBoxen in Betrieb. Doch Baudisch ist auf den Suche nach neuen "Flaggschiffapothekern", die sein Konzept aufgreifen – einen hat er nun in Berlin gefunden.
Lebensgroß steht einem in der CoBox das Apothekenpersonal gegenüber – allerdings nur auf dem Bildschirm. Rezepte werden in der Box eingescannt, die Arzneimittel kommen per Bote. Foto: DAZ.TV

Ursprünglich hatte Baudisch vor allem unterversorgte ländliche Regionen für seine Videoapotheke im Auge: kleine Orte mit Arzt, aber ohne Apotheke. Hier könnte die CoBox etwa in einer Sparkassenfiliale stehen. Doch mittlerweile gibt es auch eine CoBox in einem Medizinischen Versorgungszentrum in Marburg, demnächst soll eine im Frankfurter Bürohaus Prisma eröffnen. Nun ist auch ein Berliner Apotheker auf den Zug aufgesprungen. Dr. Ronald Clasen, Inhaber der vier Sanimedius-Apotheken in Berlin, hat die Box zwar noch nicht aufgestellt, setzt aber auf einen Standort in einem größeren Unternehmen. Klar ist aber bereits: Auf CoBox-Konkurrenz muss er sich nicht einstellen – Clasen hat sich einen Teil Berlins als sogenannter "Flaggschiffapotheker" gesichert. Seit Kurzem vergibt die CoBox AG Landkreise an Apotheker, in denen sie die Videokabine exklusiv betreiben dürfen. Größere Städte werden in mehrere Gebiete unterteilt, Berlin bietet insgesamt Platz für drei CoBox-Betreiber. Bereits 28 Apotheker haben sich laut Baudisch im Rahmen dieser "Flaggschiffapotheker-Strategie" ihren Landkreis gesichert – rund 300 Landkreise gibt es in der Republik. Bevor die Apotheken wirklich loslegen, werden die meisten allerdings abwarten, was die Novelle der Apothekenbetriebsordnung mit sich bringt.

Denn wer sich für die CoBox entscheidet, sollte sich sicher fühlen und gut gerechnet haben. Die Investitionen sind nicht unerheblich: Rund 100.000 Euro kostet den Apotheker die CoBox, mit einem Leasingvertrag und Nebenkosten kommt er laut Baudisch auf bis zu 2500 Euro monatliche Unterhaltskosten. Baudisch sagt, 15 bis 20 Kunden müssten täglich die Videoapotheke besuchen, damit sie sich wirtschaftlich rechnet. Clasen bräuchte nach seinen eigenen Berechnungen 20. Rechtlich wird die Kabine als "Betriebsraum, der dem Versandhandel dient" eingeordnet, nötig ist also eine Versandhandelserlaubnis der Apotheke. Bislang ist die CoBox bei den Behörden – jedenfalls in Hessen – durchgegangen, rechtliche Streitigkeiten gab es nicht. Der im vergangenen Sommer kursierende Vorentwurf für eine Novelle der Apothekenbetriebsordnung enthielt einen Passus, der auf das Konzept der Videoapotheke zugeschnitten war und sie ausdrücklich ermöglichte. Baudisch hofft nun darauf, dass der Verordnungsgeber bald zu Tat schreitet und in diesem Punkt dem Vorentwurf treu bleibt.

Die selbstständigen deutschen Apotheker müssen die CoBox Baudisch zufolge nicht fürchten. "Wir wollen der Präsenzapotheke nicht zu nahe rücken", beteuert er. Die CoBox sei "kein Schlupfloch für verdeckte Ketten", das Fremdbesitzverbot wolle man nicht unterlaufen. Daher will er sein Konzept auch ausschließlich deutschen Apothekern anbieten – nötig ist ohnehin die räumliche Nähe zwischen Videobox und Apotheke. Mit ausländischen Versandapotheken will Baudisch ausdrücklich nicht ins Geschäft kommen.

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Sehen Sie im Internet die Video-Interviews mit Ulrich Baudisch und Dr. Ronald Clasen zum Konzept der CoBox und die Beweggründe, es zu realisieren: www.deutsche-apotheker-zeitung.de, Rubrik "Video-News – DAZ.TV"



DAZ 2011, Nr. 5, S. 32

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