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"Generikaunternehmen brauchen Luft zum Atmen"

BERLIN (jz). Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Johannes Singhammer (CSU), ist bereit, zu überprüfen, ob es im Generikamarkt infolge der Rabattverträge zu Verzerrungen kommt. Dies erklärte er am 29. November beim "Berliner Dialog" des Branchenverbandes Pro Generika.

Pro Generika hatte bereits zum 10. Mal zur Diskussion Generika-spezifischer Fragen geladen. Neben Singhammer standen der Vorstandsvorsitzende von Pro Generika, Wolfgang Späth, der Geschäftsführer Versorgungsmanagement bei der AOK Nordost, Harald Möhlmann, und der Geschäftsführer Gesundheitspolitik des IGES-Instituts, Dr. Martin Albrecht, auf dem Podium. Im Mittelpunkt stand die aktuelle Situation des Generika-Wettbewerbs. Dabei zeigte sich Singhammer durchaus gesprächsoffen.

Späth äußerte sich gewohnt kritisch gegenüber Rabattverträgen: Das finanzielle Risiko einer Beteiligung am Wettbewerb sei für Generikahersteller viel höher als zumeist angenommen. Der Markt habe sich in den vergangenen drei Jahren sehr verändert. Die derzeitigen Margen werden seiner Meinung nach das System brechen, "weil es so nicht mehr finanzierbar ist". Der rein preisorientierte Wettbewerb werde dazu führen, dass der Markt austrockne, weil kleinere Unternehmen "gegen die Apparate der Großen keine Chance" hätten und nach und nach vom Markt verschwinden, so Späth, der auch Vorstand der Hexal AG ist. Insbesondere, so seine Forderung an den Gesetzgeber, müssten Rabattverträge mit Originalherstellern mit Patentablauf enden. Anschließen müsse sich dann eine zweijährige vertragsfreie Phase, damit ein fairer Wettbewerb entstehen könne.

Die Existenz der Generika sei für die Krankenkassen ein Segen, betonte Möhlmann. Für ihn sind die Rabattverträge dennoch der richtige Weg. Er wunderte sich vielmehr darüber, dass "die, die auf einen Wettbewerb hingearbeitet haben, jetzt sagen, dass sie einen solchen so nicht wollen". Man habe 125 Jahre Erfahrung mit dem System und kein Interesse daran, Systeme zugrunde zu richten, die funktionieren. Er verlangte zunächst Belege, dass sich die Wettbewerbssituation bis Ende 2010 tatsächlich verschlechtert habe – derzeit spräche man nur über theoretisch mögliche Probleme in der Zukunft.

Singhammer bestätigte zunächst den vermehrten Wettbewerb. Insbesondere der Generikawettbewerb sei hart, "aber er bietet auch neue Chancen", so Singhammer. "Wir beobachten das genau – wir wollen Generika!" Gemeint sei jedoch ein "echter" und uneingeschränkter Wettbewerb, frei von wettbewerbsfeindlichen Bedingungen. Deshalb sprach auch er sich dafür aus, einer Austrocknung des Marktes entgegenzuwirken, sollte diese Gefahr tatsächlich bestehen. Er bot an, sich mit Vertretern der Generikaunternehmen zusammenzusetzen und anhand einiger Präparate konkret zu prüfen, ob die jetzige Situation zu einer Wettbewerbsverzerrung führe. "Generikaunternehmen sollen weiterhin Luft zum Atmen haben", so Singhammer. Zu bedenken gab er jedoch auch, dass zum Marktgeschehen stets auch Aushandeln gehöre. Nichtsdestotrotz werde die Politik eingreifen, sollte sich dabei herausstellen, dass die Situation so nicht tragbar ist.



DAZ 2011, Nr. 49, S. 34

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