DAZ aktuell

Konstruktive Stimmung im Gesundheitsministerium

BERLIN (ks). Rund viereinhalb Stunden dauerte am 28. November die Anhörung zum Referentenentwurf der Apothekenbetriebsordnung im Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Bonn. Wie von unterschiedlichen Teilnehmern übereinstimmend zu hören war, waren die Vertreter des Ministeriums bestens vorbereitet, die Diskussion sachlich und die Stimmung sehr konstruktiv. An einigen Stellen habe man im BMG Änderungs bedarf erkannt, hieß es. Zu anderen Punkten habe man sich die Argumente zwar angehört und diese für erwägenswert befunden. Es blieb jedoch offen, ob hier noch Bewegung zu erwarten ist. Gar nicht in die Karten schauen ließen sich die Ministeriums vertreter bei der einhellig vorgetragenen Kritik an den vorgesehenen Privilegierungen für Filialapotheken.

Nach ihren schriftlichen Stellungnahmen hatten die geladenen Verbände und Organisationen Gelegenheit, den Ministeriumsvertretern noch einmal ihre Positionen vorzutragen. Das BMG hatte breit eingeladen – beispielsweise auch Pharmaverbände. Gekommen waren nicht alle, gut 40 Teilnehmer waren es dennoch. Die für die Apothekenbetriebsordnung zuständige Ministerialrätin Dr. Dagmar Krüger zeigte sich Teilnehmern zufolge bestens vorbereitet. Die Gesprächsführung übernahm der Leiter der Unterabteilung Arzneimittel/Apotheken, Ministerialrat Hans-Peter Hofmann. Die Begrüßung verlief bereits herzlich und der Verlauf der Veranstaltung wurde als "sehr konstruktiv" geschildert. Krüger hatte nach ihrem – offenbar genauen – Studium aller schriftlichen Stellungnahmen eine Liste mit diskussionswürdigen Punkten zusammengestellt. Diese wurde sodann abgearbeitet. Jeder, der sich äußern wollte, konnte dies auch ohne Einschränkung tun – ein Umstand, der allseits sehr positiv aufgenommen wurde. Für die ABDA war dies insbesondere ihr Geschäftsführer Recht, Lutz Tisch, aber auch seine für Pharmazie zuständige Kollegin Dr. Christiane Eckert-Lill sowie die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Erika Fink. Engagiert aufgetreten ist nach Aussagen von Teilnehmern auch Pharmazierat Christian Bauer von der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands.

Geschlossene Reihen bei Filialverbünden

In den vielen Fragen lagen ABDA und die anderen Apothekerorganisationen auf einer gemeinsamen Linie. Einhellig lehnten sie die vorgesehenen Privilegierungen von Filialapotheken, die im Entwurf Zweigapotheken in unterversorgten Gebieten gleichgestellt werden, ab. Eine "Apotheke light" ohne Labor, Rezeptur und Mindestgröße dürfe es nicht geben – Unterschiede gibt es hier nur partiell. Die Ministeriumsvertreter nahmen diese Kritik auf – es war jedoch nicht auszumachen, wie sie hierzu stehen.

Bewegung gibt es an anderen Stellen: So habe das Ministerium beispielsweise erkannt, dass es nicht sinnvoll sei, das Stellen von Arzneimitteln als "Rezeptur", das Verblistern aber als "Defektur" zu definieren. Darüber hinaus wurde der Themenkreis Verblisterung allerdings recht kontrovers diskutiert. Auch andere kleinere Punkte sind offenbar vom Tisch: Etwa dass Apotheken künftig Hepatitis-B-Immunglobuline vorrätig zu halten haben – sie werden voraussichtlich im Zentralnotfalldepot verbleiben.

Pick up vertagt

Auch das Thema "Pick up" stand auf der Tagesordnung – wurde dann jedoch vom BMG bewusst ausgeklammert. In die Novelle zur Apothekenbetriebsordnung wird es wohl keinen Eingang mehr finden. Das Thema könne nicht allein in der Verordnung geregelt werden. Das BMG behält es jedoch im Blick und will bei der anstehenden Novelle zum Arzneimittelgesetz einen nächsten Anlauf für eine große übergreifende Regelung starten. Diese Novelle, die vornehmlich europäische Richtlinien zur Pharmakovigilanz und Arzneimittelfälschungen in nationales Recht umsetzen soll und Änderungen im Heilmittelwerberecht vorsieht, wird gerade vorangetrieben, eine Formulierungshilfe liegt bereits vor.

Zufriedene Teilnehmer

Insgesamt wurde die konstruktive Atmosphäre bei der Anhörung gelobt. Dr. Stefan Hartmann, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) schwärmte: "Vor zehn Jahren wäre so etwas undenkbar gewesen." An die ABDA appellierte Hartmann, die "Chance zu ergreifen", sich künftig mit anderen Apothekerverbänden gemeinsam an einen Tisch zu setzen. Das Stellungnahmeverfahren und die Anhörung hätten gezeigt, dass hinsichtlich des Zieles, die Qualität zu halten bzw. zu steigern, große Einigkeit bestehe. "Wir wollen nicht kontraproduktiv sein, sondern uns einbringen", betonte Hartmann. Dr. Klaus Peterseim vom Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheken sowie dem Verband der Zytostatika herstellenden Apotheker erklärte, das Ministerium habe den Anwesenden ein "sicheres Gefühl" vermittelt. Auf jeden Fall seien alle Argumente "gelesen und verstanden". Auch wenn vielfach nicht zu erkennen gewesen sei, ob man den Wünschen der Verbände nachkommen will – Verständnis gebe es jedenfalls für die Apotheker.

Straffer Zeitplan

Die verbleibende Zeitspanne für die Apothekenbetriebsordnung ist ehrgeizig: Bereits am 20. Dezember soll dem Bundeskabinett der Verordnungsentwurf vorgelegt werden. Wird er dort beschlossen, kann er schon im Laufe des Januars nächsten Jahres im Gesundheitsausschuss des Bundesrats verhandelt werden. Die Abstimmung im Bundesrat könnte bereits im Februar erfolgen. Da die Apothekenbetriebsordnung nur mit Zustimmung der Länderkammer in Kraft treten kann, dürfte es bis zum Schluss spannend bleiben. Bei den meisten Ländern regt sich nämlich beträchtlicher Widerstand gegen die Etablierung einer "Zwei-Klassen-Pharmazie" mit privilegierten Filialverbünden. Frühester Zeitpunkt für das Inkrafttreten der neuen Verordnung ist somit der 1. März 2012.



DAZ 2011, Nr. 48, S. 25

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.