DAZ aktuell

Jede dritte Apotheke in der Schweiz unrentabel

BERLIN (ks). Nicht nur deutsche Apotheken klagen: Mehr als 30 Prozent der schweizerischen Apotheken sind dem Schweizerischen Apothekerverband pharmaSuisse zufolge betriebswirtschaftlich nicht mehr rentabel. Dies sei nicht zuletzt eine Folge der jüngsten Senkung der Apothekenmarge. Sollte sich die Ertragssituation weiter verschlechtern, drohten Entlassungen. Die Schweizer Krankenversicherer beklagen indessen die hohen Medikamentenpreise im Land und fordern eine Absenkung der Margen.

Alljährlich lässt pharmaSuisse eine Rentabilitätsstudie der Apotheken durchführen. 1011 Apotheken beteiligten sich an der akutellen Studie, die sich auf das Geschäftsjahr 2010 bezieht. Die am 22. November vorgestellten Resultate hatte man besonders gespannt erwartet. Denn zum 1. März 2010 hatte das Schweizer Bundesamt für Gesundheit nicht nur die Herstellerabgabepreise, sondern auch die Vertriebsmarge der Apotheken von 15 Prozent auf 12 Prozent gesenkt. Der letztere Effekt ist angesichts des unterjährigen Starts der Sparmaßnahme und der um zwei bis drei Monate verzögerten Abrechnung von Arzneimitteln allerdings nur etwa zu 60 Prozent in der Studie abgebildet.

pharmaSuisse: Versorgung bedroht

Dennoch zeichnet sich ein düsteres Bild: Der Studie zufolge weisen mehr als 30 Prozent der Apotheken einen Gewinn von weniger als 50.000 Schweizer Franken (rund 40.400 Euro) auf – vor Abzug von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation. Diese Apotheken seien betriebswirtschaftlich in einer sehr schwierigen Lage. "Es fehlt ihnen schlicht der Ertrag, um Investitionen zu tätigen, und Kreditgeber zu finden ist fast unmöglich", klagt pharmaSuisse.

Und so schlägt der Apothekerverband Alarm: Die Gesundheitsgrundversorgung der Bevölkerung durch Apotheken sei direkt bedroht. Wolle man auch in Zukunft eine breite und gut zugängliche Medikamentenversorgung über die Apotheken aufrecht erhalten, so seien Politik und Behörden gefordert, hier keine weiteren Sparmaßnahmen anzusetzen. Vielmehr sollten die Kompetenzen der Apotheker und die Infrastrukturen der Apotheken besser genutzt werden. Eine weitere Verschlechterung der Ertragssituation werde dagegen Entlassungen zur Folge haben. Denn 70 Prozent der Betriebskosten entstünden durch das Personal, so der Verband.

PharmaSuisse betonte, dass Apotheken schon lange ihren Beitrag zur Stabilisierung der Gesundheitskosten leisten. Seit Einführung der preisunabhängigen Abgeltung im Jahr 2001 seien weder der Taxpunktwert für die Leistungen des Apothekers noch die Vertriebsanteile der Medikamente angepasst worden. Dies entspreche einer Renditesenkung. Hinzu komme die Margenkürzung im März 2010.

Fast 60 Prozent AG-Apotheken

Die Studie gibt im Übrigen ein Bild von der Struktur der Schweizer Apotheken: 59 Prozent von ihnen werden in Form einer Aktiengesellschaft betrieben und nur 30 Prozent als Einzelfirma. Je größer die Apotheke wird, desto geringer wird der Anteil der Einzelfirmen. Insgesamt befinden sich 52 Prozent der Apotheken im Besitz der verantwortlichen Apotheker, wobei 46 Prozent der Eigentümer mindestens eine weitere Apotheke besitzen. Von den Apotheken in Rechtsform einer Aktiengesellschaft sind nur 28 Prozent im Besitz des verantwortlichen Apothekers – aber 64 Prozent von ihnen sind Mehrfachbesitzer. Bei den restlichen Apotheken ist das Besitzverhältnis vor allem in Form eines Verwaltungsauftrages gelöst.

Schweizer Versicherer: Margen kürzen

Einen Tag nachdem die Apothekenstudie vorgestellt wurde, meldete sich der Branchenverband der Schweizer Krankenversicherer santésuisse zu Wort. Auch die Versicherer haben eine Studie zu bieten. Und diese zeigt, dass die Schweizer Margen bei Medikamenten im Schnitt einen Viertel höher sind als in Referenzländern Europas. Verschreibungspflichtige Medikamente hätten die Schweizer Prämienzahler im Jahr 2010 mit rund 4,8 Mrd. Schweizer Franken belastet, so santésuisse. Die Krankenversicherer fordern, dass die Schweizer Margen auf das "europäische Niveau" gesenkt werden. Das Sparpotenzial beziffern sie auf 300 Mio. Schweizer Franken zugunsten der Prämienzahler.



DAZ 2011, Nr. 48, S. 51

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