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Gegen Anwaltskanzleien im Fremdbesitz

BERLIN (ks). Fremdbesitz ist nicht nur für Apotheker ein Reizwort. Auch mehr als zwei Drittel der deutschen Rechtsanwälte lehnen es ab, dass sich berufsfremde Investoren an Anwaltsgesellschaften beteiligen können. Dies zeigt das Berufsrechtbarometer 2011 des Soldan Instituts – einer Forschungseinrichtung der Anwälte.

In England hat der Gesetzgeber in diesem November die Möglichkeit zur Gründung sog. "Alternative Business Structures" eröffnet. In solchen "ABS" dürfen Anwälte mit beliebigen anderen Berufen zusammenarbeiten, die Gesellschaften können zudem im Besitz von Berufsfremden stehen.

Die deutschen Anwälte können sich eine solche Regelung hierzulande nicht vorstellen. Nach der Studie des Soldan Instituts lehnen 69 Prozent der befragten Berufsträger eine Lockerung der strengen berufsrechtlichen Vorgaben, wer Gesellschafter einer Anwaltsgesellschaft sein darf, ab. Mit 16 Prozent spricht sich nur eine relativ kleine Minderheit dafür aus, künftig berufsfremde Gesellschafter zuzulassen. Dabei würden sechs Prozent diese Möglichkeit nur Familienangehörigen eröffnen, vier Prozent lediglich Minderheitsbeteiligungen zulassen. Für das gänzliche Kippen des Fremdbesitzverbots, also den Verzicht auf jegliche Vorgaben nach englischem Vorbild, sprechen sich sechs Prozent der Befragten aus. Den übrigen 15 Prozent wäre eine Änderung des Status quo egal.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, relativiert die Ergebnisse allerdings: "Überdurchschnittlich aufgeschlossen gegenüber Fremdkapital sind jüngere Rechtsanwälte aus überörtlichen und insbesondere internationalen Sozietäten. Dies kann darauf hindeuten, dass mit dem sukzessiven Ausscheiden älterer Berufsangehöriger aus der Anwaltschaft und dem Nachrücken jüngerer Berufskollegen im Verlauf der nächsten Jahre die Zustimmung zur Fremdkapitalisierung zunimmt." Kilian weist auch darauf hin, dass für eine Zunahme des Reformdrucks die deutlich überdurchschnittliche Zustimmung in den häufig stark meinungsbildenden Großkanzleien spricht. Diese Kanzleien könnten in den kommenden Jahren gezwungen sein, auf Entwicklungen in England zu reagieren. England gilt als der wichtigste europäische Rechtsdienstleistungsmarkt.



DAZ 2011, Nr. 47, S. 38

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