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Wiener Streit um Ladenschluss ab Samstagmittag

WIEN (lk). Seit über elf Jahren wehrt sich das rebellische Apothekerpaar Martin und Sigrid Derflinger gegen die strengen Ladenschluss-Vorschriften und lässt die Türen ihrer Wiener Apotheke am Graben auch am Samstagnachmittag offen. Doch seit letztem Samstag war Schluss damit: Um Punkt zwölf Uhr sperrten sie zu.

Der zuständige Magistrat hatte mit dem Entzug der Apothekerkonzession gedroht. In einem Brief an Derflinger warf der Wiener Magistrat dem Apothekerpaar grobe Rechtsverletzung vor. Denn die Wiener Regeln schreiben allen Apothekern am Samstag eine Öffnungszeit von acht bis zwölf Uhr vor. Daran entzündet sich seit Langem eine Debatte um Öffnungszeiten für Apotheken in der österreichischen Hauptstadt. Denn in anderen Großstädten des Landes gelten wesentlich lockerere Öffnungsregeln am Samstag.

Seit Jahresbeginn eskalierte nun der Streit. Es hagelte gegen Abtrünnige, die sich nicht an den Ladenschluss Samstagnachmittag hielten, Anzeigen und Disziplinarverfahren. Jetzt kommt aber in den Wiener Apothekerstreit Bewegung. Bis Anfang Oktober wollen sich die Apotheker der Hauptstadt auf eine einheitliche Linie verständigen. Eine "Task-Force" der Wiener Apothekerkammer soll Modelle ausarbeiten.

Das ist schwierig, wie die Präsidentin der Wiener Apothekerkammer, Ilona Leitner, gegenüber der DAZ bestätigt: "Eine Lösung, die alle zufrieden stellt, fehlt derzeit noch." Denn die Interessen der 320 Apotheken Wiens sind durchaus unterschiedlich. Vor allem die Apotheker in Einkaufszentren drängen auf eine Ausweitung der Öffnungszeiten, so Leitner. Die müssen zwar um acht Uhr ihre Türen aufsperren, obwohl die meisten Einkaufszentren erst um neun oder zehn Uhr öffnen. Andererseits muss um zwölf Uhr geschlossen werden, wenn in den Einkaufszentren Hochbetrieb herrscht.

Wiens Apotheker in den stillen Seitengassen wollen hingegen an den strengen Schließzeiten nichts ändern. Schließlich seien ständig 35 Apotheken im Nacht- und Notdienst aktiv. Damit sei die Arzneimittelversorgung Wiens sichergestellt. Mit dem zuständigen Wiener Magistrat soll nun im Oktober eine Lösung gesucht werden, die den veränderten Einkaufsgewohnheiten und den Interessen der Wiener Apotheker gerecht wird. Wie die aussehen könnte, will die Präsidentin der Apothekerkammer Wiens noch nicht verraten. Nur so viel: Es wird sich etwas ändern in Österreichs Hauptstadt.



DAZ 2011, Nr. 37, S. 42

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