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BMG denkt über Klarstellung nach

BERLIN (lk). In den Streit um die Gewährung von Großhandelsrabatten ab Januar 2012 kommt Bewegung: Als Erster hat der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn eine Klarstellung im Gesetz nicht ausgeschlossen. Nach DAZ-Informationen überdenkt inzwischen auch das Bundesgesundheitsministerium seine ablehnende Haltung.
Foto: Sanacorp
Auch im Direktvertrieb: der 70 Cent-Fix­zuschlag ist nicht rabattfähig. Das BMG denkt darüber nach, dies im Gesetz zu präzisieren.

Im Rahmen des zur Beratung im Deutschen Bundestag anstehenden Versorgungsgesetzes könnte eine Klarstellung erfolgen.

Im Zweifel müsse im Gesetz eine Klarstellung erfolgen, sagte Spahn vergangene Woche. Spahn warnte vor eigenmächtigen Interpretationen der Gesetzeslage. Das Rabattverbot für den Fixzuschlag von 70 Cent gelte auch für den Direktvertrieb. Im Zweifel müsse es eine Klarstellung im Gesetz geben. "Wir wollen, dass das Rabattverbot für den Fixzuschlag von 70 Cent auch im Direktvertrieb durch die Hersteller gilt. Sollte das unklar im Gesetz formuliert sein und einige Pharmafirmen hier das Gesetz anders deuten, ist es ein Leichtes, das klarzustellen. Das kann auch noch rechtzeitig zum 1. Januar 2012 erfolgen. Wir wollen einen leistungsfähigen Großhandel als Vollsortimenter für die flächendeckende Versorgung."

In einem Schreiben hatte das BMG kürzlich offiziell seine Rechtsauffassung dargestellt. Danach ist keine Gesetzänderung erforderlich. Nach Auffassung des BMG dürfen nur vom variablen 3,15-prozentigen Margenanteil Rabatte an die Apotheken gewährt werden. Für den 70 Cent-Fixzuschlag gilt laut BMG ein grundsätzliches Rabattverbot – auch für den Direktvertrieb. In einem Schreiben an das Bundeswirtschaftsministerium, an die Verbände der Arzneimittelhersteller, an den GKV-Spitzenverband und Großhändler vom 3. August stellt der zuständige Ministerialrat Ulrich Dietz klar, dass nach Auffassung des BMG auch im Direktvertrieb vom Hersteller an die Apotheke der 70 Cent-Fixzuschlag nicht rabattfähig ist.

"70 Cent-Fixzuschlag unterliegt Rabattverbot"

Die Vorschriften zum Rabattverbot gelten grundsätzlich für den Großhandel mit Arzneimitteln, heißt es dort. Nach Ansicht des BMG unterliegt danach der 70 Cent-Fixzuschlag im Direktvertrieb dem Rabattverbot. Nach § 4 Abs. 22 des AMG ist unter dem Begriff Großhandel mit Arzneimitteln "jede berufs- und gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht" zu verstehen. Der Großhandelsbegriff des AMG stelle auf die Wahrnehmung der Großhandelsfunktion ab, die grundsätzlich auch insbesondere von pharmazeutischen Unternehmen wahrgenommen werden könne.

Rabattvorschriften gelten auch für Hersteller

Das Gleiche soll auch gelten, wenn Hersteller an Apotheken mit Großhandelserlaubnis liefern, sofern diese die Arzneimittel überwiegend für den eigenen Bedarf erhalten. Auch hier war das Bundesgesundheitsministerium bemüht, Zweifel und Fragen an der neuen Regelung auszuräumen bzw. zu beantworten. Gegenüber dem Bundesverband Deutscher Apothekerkooperationen hat das BMG zur Frage der Honorierung bei Apotheken mit Großhandelserlaubnis Stellung genommen. In einem Brief führt Ministerialrat Ulrich Dietz aus, dass es bei Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels an eine Apotheke mit Großhandelserlaubnis darauf ankommt, ob die Apotheke ihrerseits diese Arzneimittel in Ausübung der Großhandelsfunktion tatsächlich an Dritte abgibt. Apotheken, die Arzneimittel überwiegend für den eigenen Bedarf erhielten, übten die Großhandelsfunktion nicht aus, so dass die Gewährung von Rabatten auf den Großhandelszuschlag von 70 Cent je Packung unzulässig sei. Verstöße gegen das Rabattverbot, so Dietz weiter, könnten über das Wettbewerbsrecht, insbesondere durch Wettbewerber nach den §§ 8 ff. UWG, sanktioniert werden.

Der Großhandel bleibt jedoch skeptisch: Die Briefe des BMG reichen als Klarstellung nicht aus. Schließlich sind sie im Zweifel juristisch nicht belastbar, falls sich einzelne Hersteller nicht daran halten. In der Branche ist zu hören, dass vor allem ein großer Generikahersteller nach wie vor die Rechtsauffassung vertritt, dass weder die Arzneimittelpreisverordnung noch die im AMNOG geregelten neuen Margenvorschriften für den Großhandel auf Hersteller angewendet werden können. Daher pocht der Großhandel nach wie vor auf eine gesetzliche Klarstellung.



DAZ 2011, Nr. 34, S. 22

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