Arzneimittel und Therapie

Subjektive und objektive Placeboeffekte

In einer US-amerikanischen Studie wurden Placeboeffekte bei Asthmatikern genauer untersucht. Ihr Fazit: Ein Placebo kann eine subjektive Besserung hervorrufen, auch wenn dabei kein objektiver Effekt messbar ist.
Foto: ABDA
Ein Placebo kann eine subjektive Besserung hervorrufen, auch wenn dabei kein objektiver Effekt messbar ist. Doch was wiegt stärker: der objektiv messbare Effekt oder das subjektive Empfinden des Patienten?

Placeboeffekte können Verlauf und Symptomatik zahlreicher Erkrankungen beeinflussen. Unklar ist, ob Placebowirkungen das objektive oder das subjektive Therapieergebnis beeinflussen und ob sie den natürlichen Krankheitsverlauf beeinflussen. Um die Placeboeffekte besser differenzieren zu können, wurde ein vom National Center for Complementary and Alternative Medicine unterstütztes Pilot-Projekt durchgeführt. Für die Studie wurden erwachsene Patienten mit Asthma ausgewählt, da bei dieser Erkrankung der objektive Therapieerfolg durch eine spirometrische Messung (Bestimmung des forcierten Exspirationsvolumens FEV1) schnell und direkt messbar ist.

Pilot-Studie mit Asthmatikern

Für die doppelblinde, Cross-over-Studie, an der 46 Asthmatiker teilnahmen, wurde folgendes Studienprotokoll erstellt:

  • Inhalation mit Salbutamol
  • Inhalation mit Placebo
  • Scheinakupunktur
  • keine Intervention; das heißt Belassen des natürlichen Krankheitsverlaufs (Kontrollgruppe für die Placebo-Interventionen).

Jeder Patient erhielt im Verlauf einiger Wochen dreimal jede der vier Behandlungsformen. Nach jeder Intervention wurden während zwei Stunden spirometrische Messungen durchgeführt und das forcierte Exspirationsvolumen ermittelt. Ferner beurteilten die Probanden ihren Gesundheitszustand mithilfe einer mehrstufigen Skala. 39 Patienten durchliefen die gesamte Studie, deren Auswertung zu folgenden Ergebnissen führte:

  • Die Gabe des Bronchodilatators Salbutamol führte zu einem 20%igen Anstieg der Atemfunktion (spirometrische Ermittlung des forcierten Exspirationsvolumens). Die drei anderen Therapieoptionen verursachten einen 7%igen Anstieg (p < 0,001). Das heißt, im Hinblick auf die gemessene Lungenfunktion gab es keinen relevanten objektiv messbaren Placeboeffekt.

  • Bei dem zweiten Parameter, der subjektiven Beurteilung der Symptome, zeigte sich ein anderes Bild: Hier erfuhren alle Patienten, bei denen eine Intervention erfolgte, eine Verbesserung. Diese unterschied sich in den einzelnen Gruppen nicht signifikant (50% Verbesserung nach Inhalation mit Salbutamol; 45% Verbesserung nach Placebo-Inhalation; 46% Verbesserung nach Scheinakupunktur). Hingegen erfuhren die Patienten, bei denen keine Intervention stattfand (natürlicher Verlauf der Erkrankung) nur in einem geringen Umfang eine subjektive Verbesserung (Verbesserung um 21%).


Fazit: Die zwei Placebo-Interventionen führten zu einer vergleichbaren Verbesserung subjektiver Symptome wie die Gabe eines Verums und waren für den Patienten mit einem stärkeren Benefit verbunden als das Unterlassen einer Intervention. Ein relevanter objektiver Therapieerfolg war nur nach der Verum-Gabe messbar.

Was wiegt stärker?

Dieses Ergebnis veranlasste einen Editorialisten des New England Journal of Medicine zu der Frage, wie Therapieergebnisse zu gewichten seien. Was wiegt stärker: der objektiv messbare Effekt oder das subjektive Empfinden des Patienten oder – überspitzt ausgedrückt – bevorzugt man eine Patienten- oder eine Arzt-fokussierte Therapie? Auf keinen Fall dürfe man das Ritual einer Behandlung und die Hinwendung zum Patienten unterschätzen, die einen Teil der Placebowirkung ausmachen, so das Resümee des Leitartikels.


Quelle

Wechsler M., et al.: Active albuterol or placebo, sham acupuncture, or no intervention in asthma. N Engl J Med 365, 119 – 126 (2011).

Moerman D.: Meaningful placebos – controlling the uncontrollable. N Engl J Med 365, 171 – 172 (2011).

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr



DAZ 2011, Nr. 33, S. 43

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