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Blutzuckermessgeräte und ‑teststreifen

Beanstandungen und ihre Hintergründe

Üblicherweise überprüft das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) im Auftrag der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) Beanstandungen von Arzneimitteln. Doch auch bei Medizinprodukten wie Messgeräten oder Teststreifen zur Bestimmung von Blutglucose- oder -cholesterinspiegeln sowie von Blutgerinnungswerten können Qualitätsmängel auftreten. Teils melden die Patienten solche Mängel ihrer Apotheke, teils treten die Probleme bei der Verwendung der Geräte in der Apotheke selbst auf.
Abb. 1: Beanstandungsgründe bei der Einsendung von mangelhaften Blut­zuckermesssystemen an das ZL.

Zur Meldung des Verdachts auf einen Qualitätsmangel gibt es den Meldebogen der AMK "Bericht über Verdachtsfälle auf Qualitätsmängel von Arzneimitteln", der online auf der Homepage der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zur Verfügung steht.

Die beanstandeten und an die AMK eingesendeten Produkte werden, sofern erforderlich, im ZL untersucht, um abzuklären, ob es sich um einen Anwendungs- oder auch Lagerungsfehler handelt oder ob ein Qualitätsmangel vorliegt, der eventuell weitere Maßnahmen wie einen Chargenrückruf zur Konsequenz hat. Folgende Gründe für eine Einsendung von Blutzuckermesssystemen sind am häufigsten (Abb. 1):

  • Messwerte erscheinen unplausibel.
  • Fehlermeldung des Gerätes.
  • Mechanische Probleme, z. B. Funktionsstörung bei der Ausgabe eines Teststreifens.
  • Mangelhafte Aufnahme der Blutprobe durch den Teststreifen (gestörte Saugwirkung).
Foto: DAZ/Alex Schelbert
Testsysteme im Test Unplausible Messwerte müssen nicht falsch sein, sondern lassen sich manchmal durch die unterschiedlichen Besonderheiten von Messsystemen erklären.

Bei etwa einem Drittel aller Fälle wird die Beanstandung durch Untersuchungen im ZL bestätigt. Um alle Reklamationen bearbeiten zu können, sind an die 100 verschiedene Blutmessgeräte im ZL vorrätig. Zudem stehen die Mitarbeiter des ZL in ständigem Kontakt mit den Vertreiberfirmen, um stets auf dem aktuellen Stand zu bleiben und neue Geräte zu erwerben.

Zur Überprüfung der von den Apotheken gemeldeten Probleme werden die beanstandeten Materialien im ZL nach einem festen Schema untersucht. Beanstandete Teststreifen werden an ZL-eigenen Geräten je nach Beanstandungsgrund mit der jeweiligen herstellereigenen Kontrolllösung und bei Bedarf auch mit Kapillarblut getestet. Teilweise werden auch vergleichende Untersuchungen mit Teststreifen einer anderen Charge durchgeführt. Werden Auffälligkeiten bei den Messungen festgestellt, erfolgt außerdem eine mikroskopische Untersuchung der Teststreifen, die gegebenenfalls Beschädigungen am Testfeld oder den Elektroden erkennen lässt.

Mehr Geräte, mehr Beanstandungen

Aus den Ringversuchen des ZL zur Qualitätssicherung ist bekannt, dass über 50 verschiedene Messsysteme zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels in den Apotheken im Bundesgebiet verwendet werden. Das Angebot nimmt stetig zu, und mit der Vielfalt wächst auch das Risiko für Fehler, die beispielsweise aus der Verwendung falscher Teststreifen oder aus Unsicherheiten in der Anwendung resultieren.

Abb. 2: Anzahl der dem ZL gemeldeten Beanstandungen von Blutzuckermesssystemen in den Jahren 2007 bis 2010 sowie in diesem Jahr bis Juli.

Während das ZL in den Jahren vor 2010 etwa 15 Beanstandungen zu Blutzuckerteststreifen und ‑messgeräten pro Jahr erreichten, waren es im letzten Jahr über 40 (Abb. 2). Sicherlich war ein Grund für diesen sprunghaften Anstieg das Inkrafttreten des neuen Arzneiversorgungsvertrages zwischen dem Verband der Ersatzkassen (vdek) und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) im Oktober 2010. Die Anlage 4 "Preisregelungen für Blutzuckerteststreifen" sieht einen Austausch von 10% der verordneten Packungen, bei denen der Arzt eine Substitution nicht ausgeschlossen hat, durch preisgünstigere Teststreifen der Gruppe B vor.

Grundsätzlich müssen alle Blutzuckermessgeräte im Zulassungsverfahren die Norm DIN EN ISO 15197:2004-05 "Testsysteme für die In-vitro-Diagnostik – Anforderungen an Blutzuckermesssysteme zur Eigenanwendung beim Diabetes mellitus" erfüllen. Es werden u. a. die Wiederholpräzision (mehrmalige Untersuchung einer Probe in kurzen Zeitabständen mit dem gleichen Zubehör), die Intermediärpräzision (mehrmalige Untersuchung einer Probe unter variierenden Bedingungen) und die Systemgenauigkeit (Auswertung unter tatsächlichen Anwendungsbedingungen) untersucht, wobei die erhaltenen Messwerte für die Systemgenauigkeit mit aus derselben Probe ermittelten Glucosewerten verglichen werden. Das Verfahren für die Ermittlung der Bezugswerte kann der Hersteller selbst wählen. Dies könnte erklären, warum im Patienten- und Apothekenalltag Abweichungen bei der Bestimmung von Blutzuckermesswerten beobachtet werden, insbesondere nach der Umstellung eines Patienten von einem Gerät auf ein anderes.

Die absoluten Messwerte unterschiedlicher Blutzuckermesssysteme sind grundsätzlich nicht miteinander vergleichbar. Die unterschiedliche Kalibrierung, enzymatische Methode, Reagenzienzusammensetzung und Detektionsweise von Blutzuckermessgeräten haben einen Einfluss auf den erhaltenen Messwert. Plasma-kalibrierte Messgeräte zeigen beispielsweise grundsätzlich etwa 12% höhere Messwerte an als Vollblut-kalibrierte Messgeräte. Dies ist bei der Umstellung eines Diabetikers auf ein anderes Messsystem zu berücksichtigen, und das pharmazeutische Personal in der Apotheke muss den Patienten unbedingt darauf hinweisen. Unter Umständen kann eine Neueinstellung unter ärztlicher Betreuung erforderlich sein.


Kontakt
Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V.
Carl-Mannich-Str. 20, 65760 Eschborn
www.zentrallabor.com



DAZ 2011, Nr. 33, S. 52

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