Aus Kammern und Verbänden

Gestaltung ist gefragt

Die Politik erfüllt nicht alle Wünsche – deshalb sind Ideen und Gestaltungsgeist gefragt. Diese Botschaft überbrachte Hans-Joachim Krings-Grimm, Vorsitzender des Apothekerverbands Duisburg/Niederrhein, beim ersten Sommerempfang des Verbands im Duisburger Immanuel-Kant-Park. Zu den etwa 50 Gästen zählten Bürgermeister Erkan Kocalar, Amtsapothekerin Gabriele Hingmann und Winfried Hollmann von der Noweda.
Foto: AV NR
Bürgermeister Erkan Kocalar zwischen dem Verbandsvorsitzenden Hans-Joachim Krings-Grimm (links) und dem Kammervizepräsidenten Heinz-Peter Barleben.

Zunächst entschuldigte Krings-Grimm die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Ulrike Flach, die krankheitsbedingt kurzfristig absagen musste.

Anschließend skizzierte Krings-Grimm die aktuelle Lage der Apotheken. Das Stakkato der Spargesetze, das im AMNOG gipfele, zeige katastrophale Auswirkungen. In den ersten beiden Quartalen sei das Sparziel für 2011 bereits erreicht, sogar übertroffen worden. Durch die Folgen sehen sich einige Kollegen zu ungewöhnlichen Geschäftspraktiken und schwindelerregenden Rabattmodellen veranlasst. Dies sei jedoch der falsche Weg. Wichtiger sei es, sich auf die eigenen Sach- und Fachkompetenzen zu konzentrieren.

Welche Unterstützung der Apothekerverband den Kollegen hierbei biete, werde er oft gefragt, so Krings-Grimm. Exemplarisch nannte er das Engagement für eine angemessene Vergütung der apothekerlichen Dienstleistungen und die ausgehandelten Sonderkonditionen mit den Stadtwerken bezüglich der Strompreise für die Kollegen in Duisburg und ab 2012 auch außerhalb des eigentlichen Stadtgebietes. Ebenfalls in Kooperation mit den Stadtwerken wurde die Aktion DefiDU ins Leben gerufen. Sie hat die flächendeckende Versorgung mit Defibrillatoren und geschulten Mitarbeitern in Apotheken zum Ziel.

PTA-Lehranstalt bleibt städtisch

Mit Blick auf den so wichtigen qualifizierten Nachwuchs in den Apotheken hob Krings-Grimm hervor, dass die PTA-Lehranstalt Duisburg aufgrund von Verhandlungen der Apotheker mit den Parteien und dem Stadtrat in der Trägerschaft der Stadt bleibt. Hier werde man auch in der Zukunft weiterhin wachsam sein.

Ganz im Sinne Kants, wonach der Ziellose sein Schicksal erleidet, der Zielbewusste es gestaltet, forderte Krings-Grimm seine Kollegen auf, sich aktiv auf die vorhandenen Kernkompetenzen und damit das Alleinstellungsmerkmal des Berufsstandes zu besinnen: die pharmazeutische Beratung und Betreuung der Patienten.

Eine Chance, sich hier künftig noch stärker einzubringen und zugleich der GKV Kosten zu ersparen, biete das ABDA-KBV-Modell.

Das ABDA-KBV-Modell

Dieses Modell stellte Heinz-Peter Barleben, Vizepräsident der Apothekerkammer Nordrhein, in den Mittelpunkt seines Grußwortes. Neben dem gesundheitspolitisch und ordnungspolitisch immer noch ungelösten Problem der Pick-up-Stellen und der Planungsunsicherheit beim Kassenabschlag 2009 und 2010 seien vor allem die Auswirkungen beim AMNOG massiv sichtbar. So verabschieden sich immer mehr Apotheken aus wirtschaftlichen Gründen aus dem flächendeckenden Versorgungsnetz.

In diesem reißenden Strom gelte es nun, eine Planke zu finden – das seien die Patienten und Kunden der Apotheke – und ein Segel zu setzen. Hier seien die Kompetenzen der Apotheker als Arzneimittelfachleute gefragt, denn diese seien die Voraussetzung, um das sichere Ufer zu erreichen.

Erstmals gemeinsam mit der Ärzteschaft, die sich ebenfalls im Strudel der Spargesetze befinde, habe man deshalb das ABDA-KBV-Modell entwickelt. Sein zentrales Element ist das Medikationsmanagement, das durch einen Medikationskatalog sowie die Wirkstoffverordnung unterstützt wird. Es soll die kostspieligen Folgen der Noncompliance von Chronikern, die mehr als fünf Arzneimittel einnehmen müssen, verhindern, beispielsweise vermeidbare Krankenhauseinweisungen.

Gemäß ABDA-KBV-Modell verordnet der Arzt aus dem Medikationskatalog leitlinienkonform ein Mittel der ersten Wahl und einen möglichen Ersatzwirkstoff; er legt die Dosierung, Menge und Darreichungsform fest. Der Apotheker wählt unter Berücksichtigung der individuellen Patientenbedürfnisse und der Wirtschaftlichkeit ein geeignetes Präparat aus. Hierfür müssten allerdings die Bestimmungen der Rabattverträge, an denen die Politik derzeit noch festhält, ausgesetzt werden.

Danach kümmern sich Arzt und Apotheker gemeinsam für ein Jahr um das Medikationsmanagement des Patienten, um auf diese Weise eine höhere Compliance zu erreichen.

Rund 2,1 Mrd. Euro jährlich könnte die GKV auf diese Weise einsparen und gleichzeitig Apothekern und Ärzten ihre Dienstleistungen mit zusammen 360 Euro pro Jahr und Patient honorieren.

Derzeit verhandeln Ärzte- und Apothekerschaft mit der Politik, damit sie das ABDA-KBV-Modell im anstehenden Versorgungsgesetz berücksichtigt.

Auf die bevorstehende Novellierung der Apothekenbetriebsordnung ging Barleben nur am Rande ein. Dort stehe die Qualitätssicherung im Fokus, was ein wünschenswertes Ziel sei. Jedoch dürfe die Qualitätssicherung nicht zum Selbstzweck werden. Den überbordenden Anforderungen bezüglich Personal und Raum müsse Einhalt geboten werden.


Constanze Schäfer



DAZ 2011, Nr. 30, S. 66

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