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Warum Schockbilder Rauchern nicht beim Entzug helfen

Raucher haben eine ähnliche Emotionsverarbeitung wie Nichtraucher. Aber nur, so lange sie ihrer Nicotinsucht ausreichend nachgeben. Nach zwölfstündiger Abstinenz ist ihr Furchtzentrum im Gehirn weitgehend lahmgelegt. Schockbilder wie Raucherlungen auf Zigarettenpackungen lassen sie dann völlig kalt, weshalb auch entsprechende Kampagnen wohl wenig zum Entzug beitragen.

Deutsche Wissenschaftler analysierten das Verhalten von 28 langjährigen Rauchern sowie ebenso vielen Nichtrauchern. Den Probanden wurden Bilder von fröhlichen, angsterfüllten und neutralen Gesichtern gezeigt und parallel dazu die Gehirnaktivität erfasst. Im Fokus des Interesses stand die Amygdala, die als Furchtzentrum des Gehirns gilt, und die beim Betrachten der ängstlichen Gesichter eigentlich aktiviert werden müsste. Das wurde sie auch, sowohl bei den Rauchern als auch bei den Nichtrauchern. Bei ersteren allerdings nur so lange, wie sie genügend Nicotin in ihrem Kreislauf hatten. Nach zwölf Stunden Nicotinabstinenz war bei den Rauchern die Aktivität der Amygdala dagegen deutlich vermindert. "Bilder von ängstlichen Menschen waren ihnen schlicht egal", so Studienautor Özgür Onur. Egal wären den Rauchern laut Onur in diesem Moment daher auch Bilder, die die Folgen des Rauchens drastisch darstellen. Entsprechende Schockkampagnen sehen er und seine Mitautoren daher als wenig hilfreich für einen erfolgreichen Nicotinentzug an. Wer mit dem Rauchen aufhöre, bei dem sei die Aktivität des Furchtzentrums so weit herabgesetzt, dass er wenig empfänglich für abschreckende Fotos sei. Erfolg könnten Schockbilder auf Zigarettenpackungen dagegen bei Nichtrauchern haben, die mit dem Gedanken spielen, mit dem Rauchen zu beginnen. Da die Amygdala bei diesen Personen "normal" funktioniert, könnte der eine oder andere sich von den Bildern tatsächlich abschrecken lassen.


ral


Quelle: Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn vom 12. 7. 2011



DAZ 2011, Nr. 29, S. 8

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