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Pharmaverbände warnen vor kritischen Rabattverträgen

BERLIN (ks). Über 15 Prozent der Arzneimittelausgaben fallen bei der Barmer GEK auf Biologicals – und das, obwohl nur knapp drei Prozent der Versicherten mit diesen speziellen Arzneimitteln therapiert werden. So ist es verständlich, dass die Kasse für einen verstärkten Einsatz von Biosimilars plädiert – ein Anliegen, das auch der Branchenverband Pro Generika unterstützt.

Im aktuellen Barmer GEK-Arzneimittelreport (siehe hierzu auch AZ 2011, Nr. 25, S. 1) heißt es, Arzneimittelvereinbarungen mit Biosimilar-Verordnungsquoten seien eine "sinnvolle Strategie der Effizienzoptimierung". Mit diesen patentfreien Präparaten ließen sich zwischen 20 und 25 Prozent des jeweiligen Erstanbieterpreises einsparen. In Betracht kommen Biosimilars insbesondere für neu eingestellte Patienten.

Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika, erklärte, diese Analyse gehe in die richtige Richtung. Sie entspreche den Forderungen des Onkologie-Gutachtens, das kürzlich im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums erstellt und veröffentlicht wurde – wie beim Barmer GEK-Arzneimittelreport war auch hier Professor Gerd Glaeske als Autor tätig. Bretthauer: "Beide Gutachten machen deutlich: Wer auch im Bereich der biotechnologischen Arzneimittel für nachhaltigen Wettbewerb sorgen und dadurch Kosten in der modernen Arzneimitteltherapie einsparen will, muss die derzeitigen Markteintrittsbarrieren für Biosimilars jetzt aus dem Weg räumen." Dazu gehöre die Verhinderung einer missbräuchlichen Preispolitik der Originalhersteller ebenso wie das Verbot, Biosimilars unmittelbar nach Markteintritt einem Festbetrag zu unterwerfen.

Biologicals: Warnung vor Verträgen mit Originatoren

Letztlich hätten es aber die Krankenkassen selbst in der Hand: Wenn sie weiterhin Rabattverträge mit Originalherstellern über die Zeit des Patentablaufs hinaus abschließen, verringerten sie die Motivation der Biosimilar-Anbieter, das hohe unternehmerische Risiko der Entwicklung dieser Hightech-Arzneimittel auf sich zu nehmen. Biosimilars könnten dann nämlich nicht in Wettbewerb mit den Erstanbietern treten. "Solche Rabattverträge führen somit zu weniger Wettbewerb und damit zu weniger Preisersparnis für die Kassen", so Bretthauer. Bei Pro Generika hofft man nun, dass sich die Erkenntnis der Barmer GEK auch bei anderen Kassen zeigt. Denn in den kommenden Jahren werden viele umsatzstarke und hochpreisige biotechnologische Arzneimittel, z. B. in der Onkologie oder bei Rheuma, ihren Patentschutz verlieren. "Hier wird es nur zu Einsparungen zugunsten der Krankenkassen kommen, wenn es genügend Biosimilar-Anbieter gibt und ein fairer, offener Marktzugang gewährleistet ist", betonte Bretthauer.

Verträge bei kritischen Indikationen verbieten

Kritik am Barmer GEK-Report kam vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Hier hat man wenig Verständnis für die Klage der Kasse über steigende Ausgaben für Spezialpräparate. "Dies ist Ergebnis von Fortschritt und Demografie", so BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Er verwies zudem darauf, dass Krankenkassen Verträge mit pharmazeutischen Unternehmen schließen und auch auf die Preise Einfluss nehmen könnten. "Die Kassen müssen nur die Möglichkeiten konstruktiv nutzen und tatsächlich Player sein und sich nicht hinter dem Begriff des Kostenträgers verstecken", so Fahrenkamp. Der BPI vermisst im Report zudem kritische Aussagen zu Rabattverträgen. Insbesondere bei kritischen Indikationen wie Epilepsie könne der Wechsel des Medikaments aufgrund von Rabattverträgen zu schweren Beeinträchtigungen der Patienten und unnötigen zusätzlichen Anfällen führen. Gleiches gelte für die Indikationen Depression und Asthma. Die Barmer GEK müsse sich fragen lassen, ob sie diese Gefahr für ihre Versicherten stillschweigend akzeptiere, wenn dabei Rabatte herausspringen. Der BPI fordert, dass der Austausch bei diesen kritischen Indikationen verboten wird.



DAZ 2011, Nr. 25, S. 18

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