ADEXA Info

QMS-Pflicht für alle Apotheken?

Die Bundesapothekerkammer hat sich am 3. Mai mehrheitlich für ein verpflichtendes QMS für alle Apotheken ausgesprochen; diese Entscheidung wurde in Online-Kommentaren teils heftig kritisiert. Wir haben ADEXA-Aktive nach ihrer Bewertung befragt:

Einheitliche Standards

Ich bin der Meinung, dass ein QMS für jede Apotheke notwendig ist. Gerade bei den vielen Teilzeitbeschäftigten in der Apotheke ist es wichtig, dass alle nach denselben Vorgaben und Standards arbeiten. Dies ist für die Rezeptur und Defektur genauso wichtig wie für die Beratung in der Selbstmedikation oder die Bestelloptimierung.

Allerdings wäre ich gegen eine verpflichtende Zertifizierung oder ein vorgeschriebenes einheitliches QMS für alle. Der Apothekenleiter bestimmt den Umfang der relevanten Prozesse. Bei der Umsetzung muss das gesamte Team eingebunden sein.

Approbierte/Filialleiterin, B-W

Unabdingbar für das längerfristige Überleben

Anfangs stand ich QM eher skeptisch gegenüber. Nach jahrelanger eigener Erfahrung mit einem QMS in der Apotheke halte ich es mittlerweile für sehr nützlich. Ein Pflicht-QMS würde ich daher begrüßen.

Die regelmäßig veröffentlichten Ergebnisse von Beratungstests in Apotheken offenbaren meiner Ansicht nach, dass einige Inhaber die Messlatte für Qualität und Kompetenz nicht sehr hoch anlegen und erst recht nicht extern (also z. B. durch Auditoren) überprüfen lassen wollen. Für das längerfristige Überleben der inhabergeführten Apotheke und auch der pharmazeutischen Berufe an sich ist genau das aber unabdingbar. Ein QM-gestütztes Standardisieren von Arbeitsabläufen nach dem Stand des Wissens und dem geltenden Recht hilft, Fehler zu vermeiden, beschleunigt Entscheidungsprozesse und zwingt den Chef bisweilen, etwas mehr Aufwand zu betreiben, als Sparsamkeit und Bequemlichkeit ihm opportun erscheinen lassen.

Dass BAK und ABDA das Überleben der Apotheke gegen den Widerstand ihrer eigenen Mitglieder durchsetzen müssen, ist zwar traurig, aber auch nicht ganz neu.

Apotheker, Niedersachsen

QMS spart Stress!

Auf der einen Seite sehe ich die QMS-Zertifizierung als sehr sinnvoll an. Endlich werden Abläufe in der Apotheke überarbeitet und optimiert, und man kann ganz klar Arbeitsanweisungen umsetzen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Zuständigkeiten jetzt eindeutig geregelt sind und es keinen Stress gibt, wer heute die Rezeptur macht und wer die Schicker! Die Frage ist: Muss so etwas von der Kammer geregelt werden? Ich denke, jeder muss für sich entscheiden, ob er mit der Zeit geht oder stehenbleibt.

PTA, Schleswig-Holstein

Hilfreiche Strukturen

Ein QMS nur auf wenige Apotheken zu begrenzen, halte ich für falsch. Es steht jeder Apotheke gut zu Gesicht, wenn sie Abläufe für alle nachvollziehbar strukturiert. Es erleichtert die Einarbeitung neuer Mitarbeiter und stellt die Qualität sowohl bei der Herstellung von Arzneimitteln als auch bei der Beratung der Kunden sicher. Die Einführung ist sicher stressig, aber wenn es dann läuft, kann man viel Zeit und Nerven sparen. Unsere Apotheke ist seit fünf Jahren QMS-zertifiziert – und es war ein Gewinn für alle.

PTA, Berlin

Nicht in Eigenregie

Der Meinung von Magdalene Linz möchte ich mich anschließen, denn nur bestimmte Apotheken mit bestimmten Aufgabengebieten zu einem QMS zu verpflichten, käme einer Ungleichbehandlung gleich. Jedoch halte ich es für falsch, ein QMS in Eigenregie der Apotheken zu erstellen. Wer bereits damit zu tun hatte, weiß, wie viel Arbeit darin steckt. Aus meiner Sicht ist es unerlässlich, dass durch ein kompetentes Gremium die Kontrolle darüber ausgeübt wird. Ebenfalls ist auch in festgelegten Rhythmen eine Nachkontrolle mit Dokumentation – ähnlich wie bei einer Revision – vonnöten. Denn Papier ist geduldig!

PI, Brandenburg

Fortbildungspflicht statt QMS-Pflicht

Ein QMS sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität der Beratung bzw. allgemein über die Apotheke aus. Was nützt ein QMS, wenn die PKA im Handverkauf tätig ist? Qualität erhöht sich meiner Meinung nach durch regelmäßige Kontrollen durch Unabhängige. Außerdem soll die Beratungsqualität regelmäßig überprüft werden nach genau definierten Kriterien. Ist diese schlecht, muss die oberste Behörde Konsequenzen ziehen.

Bei Rettungssanitätern, Nuklearmedizinern, MTRA u. a. ist es Pflicht, sich regelmäßig fortzubilden, sonst verlieren diese ihre Zulassung.

PTA und Pharmaziestudierende, Bayern

Nichts für kleine Apotheken

In unserer Apotheke ist ein QMS absolut unnötig! Wir arbeiten jeweils nur zu zweit; sollte einer im Urlaub sein und eine Vertretung da sein, kennt die unsere Kunden mit diversen Sonderregelungen auch nicht. Solche Dinge werden durch QMS auch nicht klarer! Sicherlich ist es sinnvoll für größere Apotheken, in denen man auch mal die Kollegin vertritt, aber für kleine ist es zu teuer und vom Zeitaufwand gar nicht zu bewältigen.

PTA, Hamburg

Selbstverpflichtung genügt

Mehrheitlich sprechen sich die beim ADEXA-Infotreff in Bremen anwesenden Kolleginnen für eine freiwillige Verpflichtung zum QMS aus. Keine Apotheke muss es machen, alle können es tun. Entscheidend ist nach unserer Meinung eine individuelle Absprache im Team, die in erster Linie vorzügliche Beratungsqualität garantiert und sich nicht in der Regelung von Arbeitsabläufen verliert.

Die Größe der Apotheke könnte beim Einsatz von QMS eine Rolle spielen. Auch aus diesem Grund kann es nur bei einer Selbstverpflichtung bleiben und nicht "Gesetz" werden.

ADEXA-Landesgruppe Bremen

… schon genug Bürokratie

Für größere Apotheken ab zehn Mitarbeitern mit umfangreichen Aufgabengebieten wäre ein QMS wichtig. Für kleine Apotheken mit drei bis vier Angestellten ist es viel zu aufwendig. Ich gehe hier von unserer Apotheke aus, wo alle bisherigen Vorschriften, auch die neue Gefahrstoffverordnung, genauestens eingehalten werden. Da muss nicht jeder Mitarbeiter eine "Gebrauchsanweisung" für jeden Arbeitsablauf haben. Bürokratie gibt es schon genug. Wo bleibt dann noch Zeit, sich den Kunden zu widmen? Das AMNOG bereitet uns schon genug Ärger.

PI, Sachsen

Gegen Betriebsblindheit

Ein QMS sollte für alle Betriebe verpflichtend sein. Ich habe eine Zertifizierung in der Industrie mitgemacht, und die Apotheke, in der ich tätig bin, ist schon seit Jahren zertifiziert. Man stellt im Rahmen einer Zertifizierung fest, welche unsinnigen, nicht nachvollziehbaren Vorgänge sich über Jahre einschleichen ("Haben wir immer so gemacht, ist noch nie jemand gestorben"). Eine Zertifizierung ist der Rostlöser für alle Mitarbeiter.

Apotheker, Hessen

Hilfreich beim Einarbeiten

Wir sind frisch zertifiziert worden. Es hat viel Arbeit gemacht, aber ich finde es auch sehr hilfreich. Gerade haben wir eine neue Mitarbeiterin bekommen, und so kann ich sie anhand des QMS gut einarbeiten. In vielen Apotheken soll es aber nach der Arbeit "freiwillig" von den Angestellten geschrieben werden, ohne Gehaltsausgleich – in diesen Apotheken wird es sicher eher als lästig angesehen. Grundsätzlich sollten Apotheken ein QMS haben. Wir verlangen es ja auch vom Großhandel und den Lieferfirmen.

PTA, Niedersachsen


Grafik [M.: ADEXA]: drizzed, Gladwin/Fotolia
ADEXA fordert: Weitsicht statt Hoch-Pokern

Stimmen von Apothekenangestellten aus Nordrhein


"Ich bitte ADEXA eindringlich, nicht auf das LOB-Angebot der TGL einzugehen. Das würden Arbeitgeber freiwillig NIE zahlen!"


***


"Eine Gehaltserhöhung wäre dringend notwendig, da die Lebenshaltungskosten immens gestiegen sind. Die abweisende Haltung der TGL-Nordrhein ist für alle Apothekenmitarbeiter ein Schlag ins Gesicht!"


***


"Die Gutsherrenart der Apothekenleiter in Nordrhein ist mir schon seit Jahren bekannt. Allerdings wird es immer schlimmer!"



DAZ 2011, Nr. 19, S. 81

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.