DAZ aktuell

Forderung: Kein Austausch von BtM-Schmerzmitteln

BERLIN (ks). Die Präsidentin der Deutschen Schmerzliga, Marianne Koch, hat am 9. Mai in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses des Bundestages gefordert, Schmerzmittel, die der Betäubungsmittelverordnung unterliegen, von der automatischen Austauschpflicht durch Apotheken auszuschließen.
Mitschnitt Die Rede von Marianne Koch im Petitions­ausschuss kann als Video auf www.bundestag.de im ­Bereich "Mediathek" abgerufen werden.

Nachdem die Deutsche Schmerzliga mehr als 72.000 Unterzeichner für ihre Petition gewinnen konnte, hatte Marianne Koch am Montag Gelegenheit, persönlich im Petitionsausschuss vorzusprechen. Sie legte das Problem vieler Schmerzpatienten dar: Die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern über bestimmte Wirkstoffe führen zu einer Austauschpflicht in der Apotheke – davon betroffen sind auch starke Schmerzmittel. Doch erfahrungsgemäß reagieren Patienten auf die verschiedenen Arzneimittel unterschiedlich. Ein Arzt brauche teilweise Wochen, um das richtige Mittel für einen Patienten zu finden, so Koch. Seit den Rabattverträgen gehen bei der Schmerzliga viele Klagen ein: Betroffene schildern Nebenwirkungen, berichten von Alltagsproblemen, etwa beim Autofahren, infolge der Medikamentenumstellung. "Auch bei gleichem Wirkstoff haben die Medikamente nicht die gleiche Wirkung, wenn sie von verschiedenen Herstellern sind", betonte Koch. Es spiele dabei keine Rolle, ob die Umstellung von einem Originalpräparat zu einem Generikum, innerhalb von Generika oder von einem Generikum zum Original erfolge. Das Aut-idem-Kreuz sei in diesem Fall keine Lösung, so Koch weiter. Die Aut-idem-Quote eines Vertragsarztes könne schließlich von der Kassenärztlichen Vereinigung überprüft werden. Gebe es hier Auffälligkeiten, würden die KVen die Ärzte "gnadenlos einer Wirtschaftlichkeitsüberprüfung unterziehen".

Koch betonte zudem, dass die Petition nicht den Schutz von Originalpräparaten im Sinn habe. Vielmehr gehe es um die Betroffenen – und die Tatsache, dass die Komplikationen infolge von Umstellungen etwaige Einsparungen wieder aufbrauchten. Auch seien Opioide kein Präzendenzfall für andere Arzneimittel. Es handele sich um eine genau abgegrenzte Medikamentengruppe, die ohnehin eine Sonderstellung einnehme.

Die neue Mehrkostenregelung bringt hier aus Kochs Sicht ebenfalls keine Abhilfe. Sie sei allenfalls "etwas für reiche Leute". Da die Kassen nur einen Bruchteil der Kosten für das Wunschmedikament übernehmen, könnten sich speziell Schmerzpatienten die Inanspruchnahme der Regelung zumeist nicht leisten. "Da dürfen wir der Zweiklassenmedizin keinen Vorschub leisten", so Koch.

Kapferer: Gesetzesänderung nicht erforderlich

Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Stefan Kapferer, hält dagegen eine gesetzliche Regulierung, die Opioide aus der Austauschpflicht herausnimmt, für "nicht erforderlich". Krankenkassen und Apotheker könnten sich auf Ausnahmen verständigen. Der GKV-Spitzenverband habe unlängst eine derartige Absicht aber verneint. Angesichts dessen seien offenbar auch die von Marianne Koch angesprochenen Mehrkosten durch Folgebehandlungen nach einer Umstellung "nicht erheblich", so Kapferer.

Die Frage mehrerer Abgeordneter, wie hoch die sich durch Rabattverträge ergebenden Einsparungen für die Kassen zu beziffern seien, konnten weder Koch noch Kapferer beantworten. Der Staatssekretär verwies auf "Betriebsgeheimnisse" der Krankenkassen. Was das von Koch angesprochene "Regressproblem" der Ärzte betrifft, sagte Kapferer, dies sei zwar ein Thema, jedoch eines, "das überschätzt wird in der öffentlichen Debatte". Die Zahl der Ärzte, die von der Regressproblematik als Folge von Arzneimittelverordnungen betroffen seien, liege unter einem Prozent.

Eine abschließende Entscheidung über die Petition ist diese Woche noch nicht gefallen. Die Erkenntnisse der Anhörung sollen in einer der nächsten Ausschusssitzungen behandelt und bewertet werden, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses, Gero Storjohann (CDU).



DAZ 2011, Nr. 19, S. 20

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