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Gibt es Perspektiven?

Peter Ditzel

Nein, Grund zum Feiern und Zurücklehnen gibt es nicht, wenn ABDA und hier der Deutsche Apothekerverband in dieser Woche den Wirtschaftsbericht 2010 zu den deutschen Apotheken vorlegen. "Der AMNOG-Frust sitzt tief", hat Karl-Heinz Resch, Geschäftsbereich Wirtschaft, Soziales und Verträge, seinem Bericht vorangestellt. Zwar dürften die meisten Apotheken im vergangenen Jahr mit einem blauen Auge davon gekommen sein, die Aussicht auf dieses Jahr ist aber alles andere als rosig. Das AMNOG und seine Auswirkungen werden, so viel lässt sich schon jetzt absehen, tiefe Spuren in der wirtschaftlichen Entwicklung der Apotheken hinterlassen. Aber, gibt es auch Perspektiven?

Zurück zum letzten Jahr: Dass die Bäume im Apothekenwald nicht in den Himmel wachsen, zeigt sich an der Entwicklung der Apothekenzahlen. Die Zahl der Apothekenbetriebsstätten ist – seit 2008 – weiter zurückgegangen auf 21.441. Laut Wirtschaftsbericht wurden im vergangenen Jahr jede Woche zwei Apotheken geschlossen – ein Trend, der sich auch im 1. Quartal 2011 fortsetzt. Hinzu kommt, dass Apothekerinnen und Apotheker mehr und mehr das Risiko einer Neueröffnung scheuen ebenso wie die Umwandlung bestehender Apotheken in Filialen. Im vergangenen Jahr kamen nur noch 254 neue Filialen hinzu, insgesamt 3478 Filialapotheken gab es Ende 2010.

Bei diesen Zahlen schwingt immer die Frage mit: Wie viele Apotheken sind für die Versorgung in Deutschland die richtige Anzahl? Auf der einen Seite besteht Niederlassungsfreiheit, auf der anderen Seite hört man vonseiten der Politik und der Krankenkassen, dass es zu viele Apotheken gebe. Aber, da sollte die Politik genau hinsehen und sich hüten, von der Anzahl der Apotheken in einer Innenstadt-Einkaufsstraße auf eine Überversorgung mit Apotheken zu schließen. In manchen ländlichen Bereichen ist bei Weitem eine äußerst niedrige Versorgungsdichte festzustellen.

Wenn auch der Gesamtumsatz im letzten Jahr gestiegen ist, so war doch der Absatz an Packungen insgesamt rückläufig (– 22 Mio.). Außerdem: Es wurden mehr Großpackungen und weniger N1- und N2-Packungen abgegeben. Und die neue Packungsgrößenverordnung könnte diesen Trend fortsetzen. Das wird auch weiterhin nichts Gutes für das an die Packungszahl gekoppelte Apothekerhonorar bedeuten. Einen deutlichen Umsatzrückgang zeigt auch der OTC-Bereich (in den letzten fünf Jahren um 500 Millionen Euro auf jetzt noch 4,5 Milliarden Euro). Zurückgeführt wird dies vor allem auf den Versandhandel und das Pick-up-Angebot in Drogeriemärkten. Der nun geplante Ausbau des Pick-up-Angebots bei dm (und möglicherweise auch bei anderen Märkten) verspricht keine Besserung.

Bedenklich stimmt auch die steigende Bedeutung der Umsatzanteile rezeptpflichtiger Arzneimittel, also dem weiter wachsenden Kerngeschäft der Apotheken. Wie Berechnungen zeigen, lassen sich aus diesem Kerngeschäft die gesetzlich vorgegebenen Versorgungsaufträge nicht mehr kostendeckend finanzieren, wie beispielsweise der Nacht- und Notdienst, die Rezepturherstellung und Verwaltungsaufwände für BtM und anderes. Laut Resch müsste man bereits heute das Apothekerhonorar von 8,10 Euro auf 8,30 Euro erhöhen, um die durch die Versorgungsaufträge entstandene Unterdeckung von 112 Mio. Euro zu kompensieren. Stattdessen hat die Politik den Kassenzwangsabschlag für dieses und nächstes Jahr auf 2,05 Euro erhöht. Dabei wäre eine Anpassung des seit 2004 unverändert gebliebenen Apothekerhonorars längst überfällig. Oder, wie in den letzten Wochen mehrfach von Verbandsseite gefordert: Es sollte eine Dynamisierung der packungsbezogenen Honorierung erfolgen. Nur so wäre gewährleistet, dass eine notwendige Anpassung an die steigenden Kosten erfolgt. Diese Forderung muss umso stärker erhoben werden vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung des Sozialgerichts Berlin: Über den 1,75-Euro-Schiedsspruch müsse neu verhandelt werden, der Abschlag sei zu niedrig festgesetzt worden.

Vom Wirtschaftsforum muss ein deutliches Signal ausgehen, dass in Sachen Apothekerhonorar Handlungsbedarf besteht. Mit der Erhöhung des Kassenzwangsabschlags und den Belastungen durch den Großhandel haben die Apotheken ihren Sparbeitrag mehr als erfüllt und liegen über ihrer Belastungsgrenze.

Wagt man den Ausblick, dann sollten die Perspektiven für mögliche positive Änderungen im Apothekenbereich so schlecht nicht sein – meint der Wirtschaftsbericht. Denn: Der Problembereich patentgeschützter Arzneimittel sei einer Lösung zugeführt, die Einnahmeentwicklung der Gesetzlichen Krankenkassen habe laut Schätzerkreis eine gute Prognose ebenso wie die Beschäftigungsentwicklung in Deutschland. Hinzu komme das pharmazeutische Potenzial in Apotheken, das für die Versicherten intelligent ausgebaut werden könne. Das könnten Perspektiven sein, in der Tat, jetzt fehlt nur noch, dass auch die Politik diese Perspektiven sieht und unsere Anliegen ernst nimmt …


Peter Ditzel



DAZ 2011, Nr. 18, S. 3

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