Arzneimittel und Therapie

Progesteron-Gel gegen Frühgeburten

Ein verkürzter Gebärmutterhals gilt als bedeutender Risikofaktor für eine Frühgeburt. Nach den Ergebnissen einer Multicenterstudie kann mithilfe eines Progesteron-Gels das Risiko für Frühgeburten bei Frauen mit kurzem Gebärmutterhals deutlich gesenkt werden. Auch die Häufigkeit von vorzeitigen Wehen wurde signifikant reduziert und ein deutlicher Effekt auf das Geburtsgewicht der Neugeborenen nachgewiesen. Ausmaß und Art der Nebenwirkungen durch die Applikation des Progesteron-Gels waren mit denen in der Placebo-Gruppe vergleichbar.
Foto: Institut Rausch Leichingen
Weniger Frühgeburten Ein verkürzter Gebärmutterhals gilt als Risikofaktor für Frühgeburten. Die vaginale Applikation eines Progesteron-Gels kann das Risiko für eine Frühgeburt jedoch signifikant senken.

Häufige Ursachen einer Frühgeburt sind urogenitale Infektionen der Mutter und Komplikationen während der Schwangerschaft, aber eine Frühgeburt kann auch vom Fötus selbst ausgehen. Etwa jedes 14. der jährlich knapp 700.000 in Deutschland geborenen Babys kommt als Frühchen zur Welt. Die Sterberate ist innerhalb der letzten 15 Jahre von acht auf fünf pro 1000 gesunken, und die Überlebenswahrscheinlichkeit liegt ab der vollendeten 24. Schwangerschaftswoche bei etwa 60% und steigt mit zunehmender Reife. Weltweit sterben jedoch mehr als eine Million Babys pro Jahr durch Frühgeburten. Darüber hinaus kommt es bei vielen Frühgeborenen zu bleibenden Körperbehinderungen oder kognitiven Beeinträchtigungen.

Auch bei verkürztem Gebärmutterhals

Nachdem die FDA bereits ein Hydroxyprogesteron-Präparat zur intramuskulären Injektion für Frauen mit einer Einzelschwangerschaft und Frühgeburten in der Vorgeschichte, die das Risiko einer erneuten Frühgeburt erhöhen, zugelassen hatte (DAZ 2011; Nr. 7, S. 44 – 45), wurden jetzt die Ergebnisse einer Phase-III-Studie zur Anwendung eines 8%igen Progesteron-Gels bei verkürztem Gebärmutterhals (10 bis 20 Millimeter) veröffentlicht.

Die Studie wurde vom National Institute of Child Health and Human Development (NICHD) zusammen mit 44 medizinischen Zentren weltweit in Asien, Afrika, Europa, Nord- und Südamerika durchgeführt. Insgesamt 465 Frauen erhielten randomisiert entweder das Progesteron-Vaginalgel oder ein Placebo-Gel ab dem zweiten Trimester der Schwangerschaft von der 19. und 23. Woche bis zur Geburt oder maximal bis zur 37. Woche. Das Gel wurde von den Teilnehmerinnen der Studie täglich jeweils am Morgen einmal aufgetragen.

Primärer Endpunkt war die Rate von Frühgeburten vor der 33. Schwangerschaftswoche. Sie wurde durch die topische Applikation des Progesteron-Gels um etwa 45% gesenkt (16% auf 9%). Eine Senkung des Frühgeburtsrisikos wurde sowohl bei Frauen mit als auch ohne Frühgeburten in der Vorgeschichte beobachtet. Die Häufigkeit von vorzeitigen Wehen war ebenfalls signifikant reduziert (bis zur 28. Woche von 10% auf 5% und bis zur 35. Woche von 23% auf 14%). Auch konnte ein deutlicher Effekt auf das Geburtsgewicht der Neugeborenen nachgewiesen werden (Anteil der Kinder unter 1500 Gramm 6% bei Anwendung des Progesteron-Gels gegenüber 14% bei Placebo-Applikation).

Eine signifikante Erhöhung von Nebenwirkungen konnte durch die Applikation des Progesteron-Gels nicht beobachtet werden. Bei 2% der Frauen kam es zu Pruritus und Ausfluss, einer vaginalen Candidiasis oder Übelkeit.

Die Hersteller Columbia Laboratories Inc. und Watson Pharmaceuticals Inc. beabsichtigen jetzt, einen Zulassungsantrag für das Progesteron-Gel Prochieve® bei der US-amerikanischen Arzneibehörde FDA zu stellen.


Quelle

Hassan, S.S.; et al.: Vaginal progesterone reduces the rate of preterm birth in women with a sonographic short cervix: a multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Ultrasound in Obstetrics & Gynecology; DOI: 10.1002/uog.9017 vom 6. April 2011.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 16, S. 33

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