GD-Jahrestagung

Neue Perspektiven für die Rezeptur

Für Rezepturen besteht heute und in Zukunft großer Bedarf. Jüngste Signale von der EU-Ebene sprechen für eine Anerkennung dieser Leistungen, wie bei einem Symposium bei der GD-Jahrestagung berichtet wurde. Demnach wurde erstmals ein Entwurf für eine Monografie des Europäischen Arzneibuches über Rezepturen erstellt – doch die Anerkennung wird mit zusätzlichen Anforderungen verbunden sein.
Foto: DAZ/tmb
Moderatoren des Symposiums zur Rezeptur (von links): Prof. Dr. Wolfgang Gehring, Karlsruhe, Dr. Gerd Wolf, Grafschaft-Ringen.

Aufgrund von Erfahrungen mit einer Rezepturhotline in Rheinland-Pfalz konstatiert Dr. Gerd Wolf, Grafschaft-Ringen, weiterhin viele Probleme in Rezepturen durch Inkompatibilitäten oder Instabilität, insbesondere bei den frei komponierten Zubereitungen. Diese Probleme können nur gemeinsam mit dem verordnenden Arzt gelöst werden. Für die dazu nötige Kommunikation des Apothekers mit dem Arzt verwies Wolf auf Empfehlungen des Psychologen Gerhard Bliersbach, Hückelhoven. Demnach sollten Apotheker genügend Zeit für die Rücksprache mit dem Arzt einplanen und den Patienten nicht zu früh wieder bestellen. Gegenüber dem Arzt sollte der Apotheker nicht dessen Fehler betonen. Er sollte sich nicht mit anderen Apotheken vergleichen lassen und nicht emotional reagieren. Wesentlich sei, vor dem Gespräch eine konkrete Verbesserung zu erarbeiten und diese dem Arzt vorzuschlagen. Wolf betonte, dass Arzt und Apotheker zum Wohl des Patienten an einem Strang ziehen sollten.

Qualität entscheidet

Prof. Dr. Wolfgang Gehring, Karlsruhe, sieht in der neuen frühen Nutzenbewertung innovativer Arzneimittel auch ein indirektes Signal für Rezepturen. Die Messlatte für die Qualität von Arzneimitteln werde generell hoch gelegt, sodass auch der Rechtfertigungsdruck für die Verordnung von Rezepturen steige. Dabei seien Rezepturen auf in Zukunft sehr wichtig, denn sie erlauben Variationen des Vehikels, der Konzentration, der Verordnungsmenge und der Konzentration. Außerdem gebe es weiterhin "jede Menge" therapeutischer Lücken im Fertigarzneimittelangebot. Darum sieht Gehring eine sehr gute Zukunft für die Rezeptur. "Hohe Qualitätsansprüche gewährleisten das Überleben der Magistralrezeptur", so Gehring.

Signale von der EU

Doch der regulatorische Rahmen für diese Tätigkeit wird sich voraussichtlich verschärfen, wie Antje Lein vom NRF-Labor in Eschborn deutlich machte. Sie erwartet als neue Vorschriften der künftigen Apothekenbetriebsordnung ein verpflichtendes QMS, eine Sicherheitsbewertung für Rezepturen und die Verpflichtung zur Dokumentation jeder einzelnen Rezeptur. Diese Neuerungen würden sich aus dem Entwurf einer Monografie für pharmazeutische Zubereitungen für das Europäische Arzneibuch vom Januar 2011 ergeben, die von einer Resolution des EU-Ministerrats unterstützt wird. Damit würden "unlicensed products" erstmals ausdrücklich im Europäischen Arzneibuch erwähnt. Dies habe zwangsläufig Folgen für die nationalen Regelwerke.

Im Monografieentwurf wird zwischen industrieller Herstellung von Fertigarzneimitteln ("manufacture") und der Herstellung in der Apotheke ("preparation") unterschieden. Damit werden die besonderen Bedingungen der Apotheke anerkannt, doch auch für die Apotheke werden eine Sicherheitsbewertung, ein QMS und die Einhaltung der Good Preparation Practice gefordert. Dazu gehört auch eine Plausibilitätsprüfung für die Rezeptur.

Das NRF bietet schon jetzt Kommunikationshilfen, um Ärzte auf verschiedene Rezepturprobleme aufmerksam zu machen und strukturiert Lösungen vorzuschlagen. Außerdem bietet das NRF Dokumentationshilfen für die Rezeptur. Letztlich werden die Apotheken künftig stärker in Dialog mit den Verordnern treten müssen, meinte Lein. Ziele sollten sein, das Therapiekonzept des Arztes zu erhalten und den Bedarf für Standardisierungen der Rezeptur zu verdeutlichen, um letztlich auch den Klärungsbedarf in der Zukunft zu verringern.


Foto: DAZ/tmb
Eine gemeinsame Analyse von Rezepturen durch eine Dermatologin und einen Apotheker präsentierten (von links): Priv.-Doz. Dr. Petra Staubach, Mainz, Dr. Holger Reimann, Eschborn.

Lücken füllen

Welche guten Ergebnisse die Zusammenarbeit zwischen Dermatologe und Apotheker bringen kann, demonstrierten Priv.-Doz. Dr. Petra Staubach, Mainz, und Dr. Holger Reimann, NRF, Eschborn, die Rezepturen vorstellten, die Lücken im Fertigarzneimittelangebot schließen. Beispiele sind ein Prednisolon-Saft (NRF 34.1.), den Allergiker als Notfallprophylaxe mit sich führen können, und Schleimhauthaftpasten als Grundlagen für verschiedene Wirkstoffe. Hinzu kommen verschiedene Mundspüllösungen, die ebenfalls im NRF monografiert sind. Der Bedarf an Zubereitungen zur Anwendung im Mund steigt angesichts der häufigen Chemotherapien mit unerwünschten Wirkungen an der Mundschleimhaut.

Das könnte Sie auch interessieren

Noch mehr Kommunikation unter Heilberuflern nötig

ApBetrO-Novelle erhöht Anforderungen an die Rezeptur

Gesellschaft für Dermopharmazie betont den Wert der individuellen Arzneimittelherstellung

Mit Rezepturen therapeutische Lücken schließen

Rezepturen für empfindliche Kinderhaut

Schmieren und Salben ...

Von der Plausibilitätsprüfung bis zur Qualitätssicherung

Probleme in der Rezeptur

Rückwirkend zum 1. Januar 2022

Münch übernimmt Vorsitz der DAC/NRF-Kommission

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.