Interpharm 2011

Von den Besten lernen – nicht vom Durchschnitt

Bei den pharmazeutischen Leistungen ist es für Apotheker selbstverständlich, sich am "best practise" zu orientieren. Dort sind qualitätsorientierte Vorgaben etabliert. So sollten Apotheker auch bei der unternehmerischen Steuerung vorgehen, empfahl Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Essen, in seinem Vortrag über Benchmarking und externe Betriebsvergleiche. Denn "nur rentable Apotheken können eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherstellen", so Hüsgen. Benchmarking ist eine Managementmethode, die durch zielgerichtete Vergleiche die jeweils beste Referenz auswählt. Diese soll an die eigenen Bedingungen angepasst und implementiert werden.
Foto: DAZ/Reimo Schaaf
Kennzahlen Uwe Hüsgen riet dazu, Kennzahlen nie isoliert zu betrachten.

Benchmarking gehört zum nie endenden Kreislauf aus Zieldefinition, Analyse, Planung, Maßnahmen und Controlling. Es ist weit mehr als der Vergleich mit den eigenen Vorjahreswerten, denn dabei könne auch "Schlendrian mit Schlendrian" verglichen werden, so Hüsgen in Anlehnung an ein etabliertes betriebswirtschaftliches Zitat. Auch der Vergleich mit Durchschnittswerten anderer Apotheken reiche nicht aus, stattdessen gehe es um den Vergleich mit den Besten. Dies solle nicht demotivieren, sondern es sei wie mit den Sternen: "Man kann sie nicht erreichen, aber sie dienen der Orientierung", erklärte Hüsgen.


Klar definierte Daten

Dabei werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren einer Apotheke – Standort, Kunden, Mitarbeiter, Sortiment und Finanzen – in einem Kennzahlensystem dargestellt. Die Rentabilität der Apotheke wird über die Handelsspanne und die Kosten bis zu den Kostenarten oder Kostenstellen heruntergebrochen. Die Daten stammen aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung, der Finanzbuchhaltung, der Warenwirtschaft und aus Betriebsvergleichen, die von der ABDA, Industrie- und Handelskammern, dem Institut für Handelsforschung an der Universität Köln, Steuerberatungsunternehmen und weiteren Institutionen durchgeführt werden. Die Daten müssen sorgfältig erfasst und einheitlich definiert werden. Es sind klare Vorgaben nötig, welche Angaben mit oder ohne Rabatte oder Mehrwertsteuern ausgewiesen sind. Als Grundvoraussetzungen für Betriebsvergleiche forderte Hüsgen Anonymität – außer bei Erfa-Gruppen, Seriosität, Wissenschaftlichkeit und das Fehlen eigener Interessen bei der verarbeitenden Institution.

Foto: DAZ/Reimo Schaaf

Kennzahlsysteme für Apotheken

Ein klassisches Beispiel für die Orientierung an Vergleichen stammt aus dem Prozess-Benchmarking. Dort gilt das Verarbeitungsverfahren im Schlachthof als Vorbild für die Fließbandfertigung bei der Auto-Produktion. Als eine apothekentypische Frage, die mithilfe des Benchmarkings bearbeitet werden kann, nannte Hüsgen die Sortimentsgestaltung. Dazu dient die Bruttonutzenziffer (BNZ) – das Produkt aus Aufschlag in Prozent und Lagerumschlagsgeschwindigkeit. Die BNZ kann für einzelne Produkte, aber auch für ganze Sortimente ermittelt werden. Je höher die BNZ, umso mehr trägt das Produkt zur Rentabilität der Apotheke bei. Doch in Kennzahlsystemen geht es gerade nicht darum, nur einzelne Werte zu vergleichen, sondern die Komponenten, aus denen sie entstehen, hier also Aufschlag und Lagerumschlagsgeschwindigkeit. Sind beide Werte hoch, sollten die Produkte zur Profilierung genutzt werden. Sind beide Werte niedrig, sollten die Produkte möglichst nicht mehr angeboten oder zumindest nicht beworben werden. Artikel mit hohem Aufschlag und geringem Umschlag sollten dagegen verstärkt beworben werden, im umgekehrten Fall sind sie Frequenzbringer, die für Verbundverkäufe genutzt werden können.

Diese grundsätzliche Vorgehensweise lässt sich im Rahmen von Kennzahlsystemen weiter treiben. Dabei ergibt sich jede Kennzahl als Produkt oder Quotient anderer Kennzahlen, sodass ein umfangreiches Zahlensystem entsteht. Angaben über die Kunden pro Mitarbeiter, den Umsatz pro Mitarbeiter und die Personalkosten können bei der Personalauswahl und Personaleinsatzplanung helfen. So kann eine geringe Mitarbeiterproduktivität durch niedrige Kundenumsätze oder eine geringe Kundenfrequenz begründet sein. Beides erfordert unterschiedliche Konsequenzen, wird aber erst durch den Betriebsvergleich deutlich. Zusammen mit Daten über das Einzugsgebiet ergeben sich Bewertungen des Standortes und Konsequenzen für die Marketingstrategie.

Hüsgen riet, Kennzahlen nie isoliert zu betrachten: "Die Verknüpfung der Zahlen führt schnell zu den richtigen Ursachen und hilft richtige Strategien zu erkennen." Durch den Vergleich mit den besten vergleichbaren Unternehmen lassen sich Planwerte für die Zukunft abschätzen. Über Kennzahlsysteme können die Konsequenzen für andere Kennzahlen ermittelt werden, um das Erreichen des Plans schnell prüfen zu können. Neben harten kaufmännischen Daten gehören dazu auch "weiche" Informationen aus Kundensicht. Hüsgen riet dafür zu Passantenbefragungen anstelle von Kundenbefragungen, denn "sie wollen auch wissen, warum einige nicht zu Ihnen kommen", so Hüsgen.


tmb


Literatur: Kennzahlen strategisch einsetzen!


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Hüsgen, Uwe / Strobel, Burkhard

Apothekenmanagement mit Kennzahlen

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2009. 240 S., 111 s/w Abb., mit CD-ROM (Kennzahlenprogramm u. Fragebögen), gebunden, 49 Euro. Deutscher Apotheker Verlag

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DAZ 2011, Nr. 13, S. 62



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