Arzneimittel und Therapie

Neue Wirkstoffe verbessern die Lungenfunktion

Die Mukoviszidose oder Cystische Fibrose ist in Westeuropa nach der Hämochromatose die häufigste angeborene Stoffwechselerkrankung. Etwa 8000 Menschen leben in Deutschland mit dieser bislang unheilbaren Erbkrankheit und jedes Jahr werden 300 Kinder mit Mukoviszidose geboren. Die Lebenserwartung liegt bei 35 bis 40 Jahren. Typisches Symptom ist die Bildung eines zähflüssigen Schleims in den Bronchien. Neue schleimlösende Wirkstoffe zeigen in klinischen Phase-III-Studien eine Verbesserung der Lungenfunktion.
Ionenkanal-Regulator Jedes Jahr werden etwa 300 Kinder mit Mukoviszidose geboren. Neue Wirkstoffe wie das Denufosol könnten ihre Lungenfunktion verbessern.

Die autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose ist durch eine Fehlfunktion von Chloridkanälen gekennzeichnet. Dadurch kommt es zu einer Veränderung der Zusammensetzung aller Sekrete exokriner Drüsen. Bei gesunden Menschen werden Chloridionen in den Kanälen aus der Zelle heraustransportiert. Anschließend ziehen dann diese Chloridionen Wasser aus den Zellen durch Osmose in das umliegende Gewebe ab.

Folgenreiche Mutationen

Durch verschiedene Mutationen eines Gens auf Chromosom 7 unterbleibt dieser Prozess bei an Mukoviszidose Erkrankten. Als Folge ist der Wassergehalt des Bronchialsekrets sowie der Sekrete der Bauchspeicheldrüse, der Leber (Galle), aber auch der inneren Geschlechtsorgane und akzessorischen Geschlechtsdrüsen sowie des Dünndarms zu niedrig. Die Sekrete werden zähflüssig und es kommt zu Funktionsstörungen unterschiedlicher Art. Das betroffene Gen codiert für den Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator, (CFTR). Das Protein fungiert in der Zellmembran als Chloridkanal. Rund drei Millionen Menschen, also 4% der deutschen Bevölkerung, sind gesunde Genträger und zeigen keinerlei Symptome.

Denofusol aktiviert alternativen Chloridkanal

Der Wirkstoff Denufosol des amerikanischen Herstellers Inspire Pharmaceuticals Inc., ein P2Y2-Rezeptor-Agonist, aktiviert in den Epithelzellen der Lunge einen alternativen Chloridkanal. Auf diese Weise wird der durch den defekten CFTR-Kanal gestörte Salz- und Wasser-Transport zumindest teilweise korrigiert. Dadurch kann der dehydrierte Flüssigkeitsfilm normalisiert, die Zilienschlagfrequenz erhöht und der Schleimabtransport durch die Zilien verbessert werden. Der Wirkstoff wird inhalativ angewendet. In einer ersten randomisierten Phase-III-Studie an Kindern ab fünf Jahren hatte Denufosol im Frühstadium der Erkrankung die Lungenfunktion signifikant verbessert.

VX-770 bessert Funktion defekter Chloridkanäle

Eine andere Wirkweise zeigt ein neuer, oral applizierbarer CFTR-Potenziator des US-amerikanischen Unternehmens Vertex Pharmaceuticals Inc. Der Wirkstoff VX-770 verbessert die Funktion des defekten Chloridkanal und wirkt gezielt bei etwa 3 bis 4% der Erkrankten, bei denen eine ganz bestimmte Punktmutation vorliegt. Es kommt zur Bildung eines veränderten CFTR.

Präklinische Studien hatten gezeigt, dass dieser Wirkstoff die Leitfähigkeit des Ionenkanals steigert, und in einer Phase-II-Studie verbesserte VX-770 die Lungenfunktion der Patienten. Auch eine Phase-III-Studie verlief jetzt erfolgreich.

VX-809, ein weiterer Wirkstoff von Vertex, der das CFTRProtein verändert und seinen Transport in die Zellmembran fördert, zeigte in ersten Studien ebenfalls Erfolg versprechende Ergebnisse und soll gemeinsam mit VX-770 getestet werden.


Quelle

Effect of VX-770 in Persons with Cystic Fibrosis and the G551D-CFTR Mutation. New Engl. J. Med. 2010; 363(21): 1991-2003.

Vertex Pharmaceutical Inc. Pressemitteilung, 23. 02. 2011.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 13, S. 40

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