Arzneimittel und Therapie

Lippen- und Gaumenspalten unter Topiramat

Die Behandlung von Schwangeren mit dem Antiepileptikum und Migräneprophylaktikum Topiramat geht mit einem erhöhten Risiko für kongentiale Fehlbildungen, insbesondere Lippen- und Gaumenspalten einher. Auf europäischer Ebene hatte man schon 2009 eine differenzierte Nutzen-Risiko-Bewertung durchgeführt und die Produktinformationen angepasst. Auch in den USA hat man jetzt Maßnahmen ergriffen, die jedoch von den europäischen abweichen.

Topiramat ist ein Sulfamat-substituiertes D-Fructose-Derivat, das keine strukturelle Verwandtschaft zu anderen Antiepileptika aufweist. Tierversuche hatten schon bei der Zulassung auf die teratogenen Effekte einer Topiramat-Behandlung hingewiesen, adäquate und gut kontrollierte Studien in der Schwangerschaft liegen jedoch nicht vor. Allerdings weisen Daten aus Schwangerschaftsregistern auf einen Zusammenhang zwischen kraniofazialen Fehlbildungen wie der Lippen-Gaumen-Spalte und der Topiramateinnahme hin. Auf europäischer Ebene sind daraufhin schon 2009 Konsequenzen aus einer Nutzen-Risiko-Bewertung gezogen und die Produktinformationen angepasst worden. Danach ist eine Migräneprophylaxe mit Topiramat in der Schwangerschaft kontraindiziert, in der Epilepsiebehandlung Schwangerer darf es nur eingesetzt werden, wenn die Patientin über die Risiken sowohl einer unbehandelten Epilepsie als auch des Arzneimittels aufgeklärt worden ist.

Jetzt hat auch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA die Analyse zweier Schwangerschaftsregister zum Anlass genommen, die Warnung vor teratogenen Eigenschaften von Topiramat zu verschärfen. In einem dieser Register, dem North American Antiepileptic Drug (NAAED)-Register, betrug die Prävalenz oraler Spaltbildungen nach Topiramat-Einnahme 1,45% verglichen mit 0,38 bis 0,55% bei Kindern, die anderen Antiepileptika ausgesetzt waren. Bei Müttern ohne Epilepsie oder keiner Behandlung mit anderen Antiepileptika betrug die Prävalenz 0,07%. Im Vergleich zu unbehandelten Müttern war das Risiko für kongenitale Lippen-Gaumenspalten danach unter der Topiramat-Behandlung um das 21,3-Fache erhöht. Im dem zweiten Register, dem britischen UK Epilepsy and Pregnancy Register wurde eine 16-fache Erhöhung gefunden. Anders als in den europäischen Ländern ist in den USA Topiramat zur Migräneprophylaxe bei Schwangeren weiterhin nicht kontraindiziert. Ansonsten entsprechen die Empfehlungen den europäischen.

Epileptikerinnen und Migränepatientinnen, die keine Schwangerschaft planen, sollten unter einer Topiramat-Behandlung für einen sicheren Kontrazeptionsschutz sorgen, da es zu den gefürchteten Lippen- und Gaumenspalten schon in einem frühen Stadium der Embryonalentwicklung kommt, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Schwangerschaft oft noch nicht erkannt worden ist.


Quelle

BfArM-Mitteilung vom 22. März 2011.

FDA-Drug Safety Communication vom 4. März 2011


du



DAZ 2011, Nr. 13, S. 35

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