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Pick-ups: Nicht locker lassen!

Klaus G. Brauer

Wie die Politik – inzwischen parteiübergreifend – mit den Apothekern umspringt, wird immer unerträglicher. Ein Beispiel ist die frustrierende Serie von Rohrkrepierern bei den Versuchen, das in der Koalitionsvereinbarung noch angekündigte Verbot der Pick-up-Stellen auch wirklich durchzusetzen. Im Bundeskabinett sei die notwendige Einstimmigkeit nicht herzustellen, weil "Gutachten" aus dem Justiz- und Innenministerium zum dem Ergebnis kämen, ein generelles Verbot der Pick-up-Stellen sei verfassungswidrig. So hieß es.

Bei den beiden respektheischend so bezeichneten "Gutachten" (die der DAZ vorliegen – siehe die hier abgebildeten Ausrisse) handelt es sich um zwei kurze Mails an einen Beamten des Gesundheitsministeriums, in denen es nicht nur um die Pick-up-Stellen-Problematik geht. Auf diese geht die Mail aus dem Justizministerium in ganzen 13 Zeilen ein, das Innenministerium kommt mit neun Zeilen aus. Eine seriöse Beleuchtung des Pro und Kontra, wie man es von einem juristischen Gutachten erwarten muss, findet nicht statt. Es werden nur durchaus anzuzweifelnde Thesen in den Raum gestellt: "… keine triftigen Gründe des Allgemeinwohls, den Versandhandel auf die klassische Form zu beschränken … Mangels plausibler Gründe kommt es nicht zu der dann erforderlichen weiteren Prüfung … Argumentation, dass die Pick-up-Stellen die flächendeckende Versorgung mit Arzneimittel gefährde, erscheint zweifelhaft …".

"Gutachten" des Innenministeriums

Solche Statements zu Gutachten zu stilisieren, ist nicht nur ein Euphemismus; es ist – mit Verlaub – ein Witz. Nichts darin ist neu und überzeugend, nichts davon war nicht schon bekannt, als die Koalitionsvereinbarung formuliert wurde. Die Vereinbarung wurde nicht nur von den Fachpolitikern, sondern auch von den Koalitionsspitzen abgesegnet. Fühlt sich da niemand düpiert, wenn es aus dem Justizministerium lapidar heißt, für ein Pick-up-Verbot gebe es keinerlei plausible Gründe; das müsse man nicht einmal prüfen*?

"Gutachten" des Justizministeriums

Warum lassen sich die Koalitionspolitiker, die wirklich den Ausfransungen des Versandhandels, die dem Pick-up-Stellen-Spuk ein Ende bereiten wollen (wollten?), so auf dem Kopf herumtanzen? Dafür muss es Gründe geben. Realisieren sie nicht, was fortbestehende Pick-up-Stellen bedeuten? Wollen sie wirklich zulassen, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass die Bestätigung und überzeugende Rechtfertigung eines apothekenrechtlichen Fremdbesitzverbotes "durch die kalte Küche" ausgehebelt wird? Das wäre der Fall, wenn es z. B. niederländischen Kapitalgesellschaften gelänge, ein enges Netz von Pick-up-Stellen in Deutschland zu etablieren. Honi soit qui mal y pense: Ein Schelm, der Böses dabei wittert?


Klaus G. Brauer


* Materialien zur Pick-up-Diskussion finden Sie ab sofort bei DAZ.online unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pick-up-forum.

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DAZ 2011, Nr. 1, S. 3

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