Aus Kammern und Verbänden

Die ersten Pharmaziestudentinnen in Berlin

Auf einer Gemeinschaftsveranstaltung von DPhG und DGGP am 16. Dezember 2010 referierte Dr. Karolien-Maria Reske über das Thema "Die ersten Absolventinnen der Pharmazie an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität".
Luise von Gusnar, 1890 – 1970

Zum Wintersemester 1908/09 durften sich Frauen zum ersten Mal offiziell an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, der heutigen Humboldt-Universität, immatrikulieren. Der von den Apothekern erwartete Ansturm für das Studienfach Pharmazie blieb jedoch aus, denn es immatrikulierte sich dafür nur eine einzige Frau, und auch in den folgenden Jahren wurden es nicht wesentlich mehr. Dies lag zum größten Teil an den Vorurteilen der Apotheker gegenüber Frauenarbeit in Apotheken und der daraus resultierenden schwierigen Lehrstellensuche. Denn damals musste vor dem Studium eine mehrjährige Lehre in einer Apotheke absolviert werden.

Für Apothekertöchter entfiel diese Hürde, denn sie gingen bei ihren Vätern in die Lehre. So auch die erste Berliner Apothekerin Luise von Gusnar (1890 – 1970). Sie begann im Jahr 1907 die Lehre in der väterlichen "Apotheke zum weißen Adler", Berlin-Mitte, und studierte von 1911 bis 1913 die damals vorgeschrieben vier Semester. Bis zu ihrer Heirat im Jahr 1924 arbeitete sie bei ihrem Vater und gab dann, wie es zu jener Zeit für Bürgertöchter üblich war, die Berufstätigkeit auf.

Motivationen, Apothekerin zu werden

Welche Gründe hatten Frauen damals, den Apothekerberuf zu ergreifen, trotz der harten körperlichen Arbeit von bis zu 15 Stunden täglich, der vielen Nacht- und Sonntagsdienste und des geringeren Gehalt im Vergleich zu den männlichen Kollegen? Neben persönlichen Gründen – "die Apotheke selbstständig nach dem Tod des Ehemannes führen", "Wahl des kurzen Studiums aus Geldmangel", "habe gern als Kind Tüten abgepackt" – waren die Hauptgründe: aus Tradition (Apothekertöchter), auf Anraten der Eltern, aus naturwissenschaftlichem Interesse und um Kranken helfen zu können.

Erwähnenswert sind die erste promovierte Berliner Apothekerin Dr. Clotilde Harnisch (1898 – 1986), die auch als erste Stadtoberapothekerin in den Krankenhausapotheken des Rudolf-Virchow-Krankenhauses und des städtischen Krankenhauses Moabit tätig war, und die bekannte "Galenikprofessorin" Dr. Elsa Ullmann (1911 – 2010), die ebenfalls zu den ersten Berliner Apothekerinnen zählt.

Eine der ersten jüdischen Apothekerinnen Berlins war Elfriede Wartenberg (* 1900), eine Tochter von Dr. Wilhelm Wartenberg (1868 – 1942), Besitzer der Rothen Apotheke in der Rosenthaler Straße (heute: BerlinApotheke Hackescher Markt) und bedeutender Standespolitiker.

Frauen eroberten sich allmählich ihren Platz in der Apotheke und sind dort längst in der Mehrzahl. Heute sind 71% der Berliner Kammerangehörigen weiblich.


Rotraud Mörschner


Karolien-Maria Reske

Weibliche Apotheker

Die ersten Absolventinnen in der Pharmazie an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität 1908 – 1937. Braunschweiger Veröffentlichungen zur Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte, Band 46. 395 Seiten. Kart. 35,– Euro.

Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2008.
ISBN 978-3-7692-4749-7

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