Wirtschaft

Ägypten: Nur politische Börse oder doch Flächenbrand?

Anleger ignorieren Unruhen in Nordafrika – Ölpreis nicht zu bremsen

(hps). Noch bahnt sich die Liquidität ihren Weg an die Börse. Da sind die Anleger auch schon einmal gewillt, die Unruhen in Ägypten als kurzatmige politische Börse und damit als Einstiegsmöglichkeit zu qualifizieren. Doch es mehren sich die kritischen Stimmen, die sich fragen, ob es sich hier die Profis nicht zu leicht machen.

Die Marktlage

Die Berichtssaison für das vierte Quartal 2010 ist praktisch zu Ende. Insgesamt haben dabei die meisten Unternehmenszahlen in den USA die Schätzungen der Analysten übertroffen. Dies honorierten auch DAX und Dow Jones, die beide vergangene Woche im Zuge einer Branchenrotation auf den höchsten Stand seit Mai 2008 schlossen. In Deutschland standen dabei insbesondere Banken- und Versicherungswerte in der Gunst der Anleger. Die Entspannung der europäischen Schuldenkrise weckt hier Hoffnungen auf geringere Abschreibungen auf Staatsanleihen bei den Finanzwerten – so lautet zumindest die Begründung. Tatsächlich aber hat man den mächtigen Strom an Liquidität lediglich in die Werte umgeleitet, die letztes Jahr noch die Verliererliste angeführt hatten und denen die Analysten nun "Nachholbedarf" bescheinigen. Im Wesentlichen sind das aus dem Finanzbereich die Allianz, Deutsche Börse und Deutsche Bank, die Versorgerwerte E.ON und RWE sowie die Hochtechnologieaktien Infineon und SAP.

Der Rest der DAX-Titel gab zwischenzeitlich mitunter deutlich nach. Damit scheint der Kursaufschwung des deutschen Börsenbarometers aber auf tönernen Füßen zu stehen, wenngleich am Parkett die Tatsache Beachtung findet, dass die Unruhen in den Gebieten Nordafrikas und der damit verbundene, drastische Anstieg der Ölnotierungen von der Anlegerschaft bislang kaum zur Kenntnis genommen wurde.

Auch der starke Euro wirkt sich bislang nicht negativ auf die deutschen Exportwerte aus. Untermauert wird die neue Leichtigkeit des Aktionärdaseins durch das geringe Volumen der Absicherungsmaßnahmen, wie sie die Profis mittels Optionen vornehmen. Es erreichte letzte Woche ein historisches Tief. Einige Experten sind der Ansicht, dass man bei so viel Sorglosigkeit leicht auf dem falschen Fuß erwischt werden kann – was dann erfahrungsgemäß eine entsprechend dynamische Gegenbewegung nach sich zieht.

Bulle & Bär

Allen Inflationsängsten und Unruhen in Nordafrika zum Trotz sehen viele Analysten die Gewinnsituation der Unternehmen als weiter richtungweisend an. So erwartet auch die NordLB steigende Kurse, räumt aber die Möglichkeit einer zwischenzeitlichen Konsolidierung ein. Dass die Kursanstiege dabei auf den Favoritenwechsel im DAX zurückzuführen sind, stört allerdings auch einige Experten. Die Börsenlieblinge aus dem Jahr 2010 kommen derzeit nicht vom Fleck, was nach Ansicht der Spezialisten das nur mäßige Aufwärtstempo beim DAX erklärt. Das aktuelle Thema Inflation irritiert dagegen nur wenige. Aktien seien "Sachwerte", die in diesem Umfeld eher von Umschichtungen aus Anleihen profitieren und für steigende Aktienkurse sorgen sollten.

Dem stimmen auch die Charttechniker zu. Die technischen Analysten sehen den DAX bereits auf dem Weg Richtung 8000 Punkte und rechnen auf Sicht von zwölf Monaten sogar mit 10.000 DAX-Punkten.

Problem Preissteigerungsrate

Unterdessen kam der DAX per saldo gegenüber dem Vorwochenstand (7157 Punkte) nicht vom Fleck. Während sich der DAX durch den Aufschwung bei den Finanztiteln nochmals über Wasser hielt, trübte sich das Umfeld weiter ein. Die Ölpreise dürften über kurz oder lang für Konsumenten und Hersteller zum Problem werden und die politische Lage in Nordafrika ist unübersichtlich. Die meisten Sorgen bereitet allerdings die Preissteigerungsrate, die weder in den USA, noch in Europa oder China wegdiskutiert werden kann. Und die EZB und die amerikanische Notenbank werden diesen Prozess wegen der allgegenwärtigen Staatsverschuldung weitgehend nur als Zuschauer begleiten, was der Problematik die besondere Schärfe verleiht. Bleibt also nur die Frage offen, ob Aktien als "Sachwerte" tatsächlich einen guten Schutz gegen Inflation darstellen. Die Profis bejahen das, weil die Hersteller die höheren Kosten auf den Endverbraucher umwälzen könnten. Erstaunlicherweise wird allerdings nie danach gefragt, ob der Verbraucher den höheren Endpreis dann auch im gewohnten Umfang bezahlen wird. Eine solche Frage schickt sich nicht. Schließlich ist das derzeitig günstige Kurs-Gewinn-Verhältnis für die Experten das Kaufargument für Aktien schlechthin.

Eckdaten zum 3. Februar 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (3. 2., 13.45 h)
7152 Punkte
Dow Jones (2. 2. Schluss)
12.041 Punkte
Gold (Feinunze)
1333,15 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,17%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
0,92%
1,30% (ING-DiBa)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,46%
2,00% (SWK-Bank)

*Quelle: www.festgeld.de



AZ 2011, Nr. 6, S. 5

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