Gesundheitspolitik

Koch: Wir brauchen die universitäre Ausbildung von Pharmazeuten in Sachsen

Prekäre Personalsituation der sächsischen Apotheken – "Lohndumping" nicht vorstellbar

LEIPZIG (diz). Die Landesregierung Sachsens denkt darüber nach, das Pharmazeutische Institut in Leipzig zu schließen. Die Apothekengewerkschaft Adexa geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Klagen des Sächsischen Apothekerverbands über einen Mangel an Pharmazeuten ein hausgemachtes Problem seien und nicht auf zu geringe Studentenzahlen zurückzuführen seien. Wir fragten bei der Vorsitzenden des Sächsischen Apothekerverbands, Monika Koch, nach, wie sie die Lage einschätzt.
Monika Koch
Foto: AZ/Schelbert

AZ: Frau Koch, das Pharmazeutische Institut in Leipzig steht möglicherweise vor der Schließung. Der Freistaat muss sparen, so heißt es offiziell, die Universität muss Stellen abbauen, die Pharmazie steht dabei im Fokus der Rektorin. Sehen Sie hier noch Möglichkeiten, gegenzusteuern?

Koch: Die Rektorin meint mit der Schließung der Pharmazie, ihr Stellenproblem lösen zu können. Tatsächlich würde sie ihre Vorgabe so zur Hälfte lösen können. Wenn sie sich ein Opfer herauspickt – hier die Pharmazie – so hofft die Rektorin würden die anderen Fakultäten still halten. Der Sächsische Apothekerverband wird die sächsische Staatsregierung auffordern, ihre Verantwortung für den Staatsexamensstudiengang Pharmazie zu übernehmen. Parlament und Regierung sind gefordert, der Kahlschlag-Planung der Universität einen Riegel vorzuschieben.


AZ: Die Apothekengewerkschaft Adexa geht davon aus, dass das Problem hausgemacht sei: Jede zweite Stelle in Apotheken habe 2009 nicht besetzt werden können, was nicht auf eine vermeintlich zu geringe Studentenzahl zurückzuführen sei. Den Grund sieht Adexa vielmehr darin, dass Sachsen keinen gültigen Tarifvertrag mehr habe. Die Apothekengewerkschaft stellt fest, dass sich dies auf das Gehaltsniveau durchgeschlagen habe und zum Teil Lohndumping herrsche. Den Fachkräftemangel haben die berufspolitischen Gremien in Sachsen maßgeblich mitverschuldet, so die Adexa. Müssen Sie sich diesen Schuh anziehen?

Koch: Die Behauptung der Adexa ist etwas abenteuerlich und die Analyse sehr schlicht. Auch in Sachsen ist der ADA/Adexa-Tarifvertrag Basis für die Gehaltsfindung. In der prekären Personalsituation der sächsischen Apotheken ist es unvorstellbar, dass es Apotheker geben soll, die bereit wären unter dem Niveau des Tarifvertrages zu arbeiten oder gar sich einem "Lohndumping" unterziehen würden. Die Probleme liegen vielmehr in einem deutlichen Stadt-Land-Gefälle bei der Attraktivität von Arbeits- und Wohnorten und in der Erfahrung, dass viele Studenten nach einem Studium den Weg zurück nach Sachsen nicht mehr finden. Deshalb brauchen wir auch in Sachsen weiterhin die universitäre Ausbildung von Pharmazeuten.


AZ: Die Adexa meint außerdem: "Der SAV steht auf dem Standpunkt, bis zur Pensionierung der derzeitig Verantwortlichen nichts mehr tun zu wollen, sondern auszusitzen." Werden Sie hier in der Tat nichts mehr tun oder ist an eine Rückkehr zum Gehaltstarifvertrag in Sachsen denkbar?

Koch: Derzeit ist die Beschlusslage im Sächsischen Apothekerverband so, dass eine Mitgliedschaft in der Adexa nicht angestrebt wird. Diese Entscheidung der Mitgliederversammlung aus dem Vorjahr wird nicht jedes Jahr erneut durch den Vorstand infrage gestellt. Dieses hat nichts mit Pensionierungsfristen oder Aussitzen zu tun, sondern entspricht dem demokratischen Grundverständnis des SAV-Vorstandes.



AZ 2011, Nr. 51-52, S. 8

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