Wirtschaft

Eingetragene Lebenspartnerschaften

In vielen Bereichen Eheleuten gleichgestellt – aber es gibt noch "Lücken"

(bü). Eingetragene Lebenspartnerschaften sind als "fester Bestandteil der Lebenswirklichkeit in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen". Das sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Nicht erwähnt wird dabei allerdings, dass in einer großen Flut von Gerichtsurteilen dieser "Lebenswirklichkeit" erst Leben eingehaucht werden musste. Und dass auch heute rechtlich noch keine volle Gleichheit mit Ehen besteht.

Hier einige Beispiele:

Adoptionsrecht: Gleichstellung – Schwule und Lesben dürfen das leibliche Kind ihres Lebenspartners adoptieren, so das Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvL 15/09).

Keine Gleichstellung – Lebenspartner dürfen nicht gemeinsam ein fremdes Kindes adoptieren.

Arbeitslosenversicherung, Grundsicherung im Alter, Sozialhilfe, Wohngeld: Gleichstellung – das bedeutet zum Beispiel: Das Partner-Einkommen wird auf die Leistungen des anderen Partners angerechnet, kürzt also gegebenenfalls dessen Ansprüche.

BAföG: Gleichstellung – das bedeutet: Das Einkommen der Partnerin/des Partners wird bei der BAföG-Berechnung des anderen Partners berücksichtigt, kürzt also gegebenenfalls dessen Ansprüche.

Beamtenbesoldungs- und Beamtenversorgungsrecht: Gleichstellung "auf Druck" des Bundesverwaltungsgerichts (Az.: 2 C 10/09; 2 C 47/09). Nicht jedoch in jeder Beziehung. So haben homosexuelle Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, keinen Anspruch auf die Zulage für Verheiratete ("Familienzuschlag") (Az. beim Bundesverfassungsgericht: 2 BvR 1830/06; 2 BvR 2466/06).

Betriebsrente: Gleichstellung auf Druck des Bundesverfassungsgerichts – es sei verfassungsrechtlich nicht begründbar, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten, dass andere Lebensgemeinschaften mit geringeren Rechten zu versehen sind. Dies unter anderem auch mit Blick darauf, dass nicht aus jeder Ehe Kinder hervorgehen (Az.: 1 BvR 1164/07). Und das Bundesarbeitsgericht stellte fest: Im Allgemeinen gilt für "Homoehen" bei der betrieblichen Altersvorsorge das Gleiche wie für "normale Ehe leute" (Az.: 3 AZR 20/07).

Gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung: Gleichstellung – das bedeutet zum Beispiel: Kostenfreie Mitversicherung der oder des Partners in der Kranken- und Pflegeversicherung, ferner Witwen- oder Witwerrente.

Einkommensteuer: Keine Gleichstellung – "Eingetragene" werden wie Ledige behandelt und der Steuerklasse I zugeordnet. Eine gemeinsame Veranlagung ("Splittingtarif") ist nicht möglich. Allerdings kann gegebenenfalls ein Unterhaltsaufwand von bis zu 8004 Euro pro Jahr steuermindernd abgesetzt werden. (Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass das geltende Recht "höchstwahrscheinlich nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist" (Az.: 3 V 125/11). Der Fall liegt beim Bundesfinanzhof.

Elterngeld und Elternzeit: Gleichstellung in vollem Umfang.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Gleichstellung – Lebenspartner mit eigenem Kind werden (wie Ehepartner, die ein Kind mit in die Ehe bringen) nicht als alleinerziehend anerkannt und können den Entlastungsbetrag von 1308 Euro im Jahr nicht geltend machen.

Erbschaft-/Schenkungsteuer: Teil-teils-Gleichstellung – die Freibeträge sind identisch, übersteigende Beträge werden aber mit wesentlich höheren Steuersätzen belegt.

Grunderwerbsteuer: Gleichstellung – allerdings erst für "Erwerbsvorgänge, die nach dem 13. Dezember 2010 verwirklicht worden sind". Das Finanzgericht Düsseldorf urteilte allerdings, dass das Gesetz auch rückwirkend ab August 2001, dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes, gelten müsse (Az.: 8 K 2430/09 GrE).

Rundfunk-/Fernsehgebühren: Gleichstellung durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (Az.: 6 C 33/08).



AZ 2011, Nr. 50, S. 4

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