Wirtschaft

DAX: Die Luft wird dünn

Inflationsängste bremsen Gewinneuphorie an der Börse

(hps). Die Profis sprechen von "Januar-Effekt". Die Anleger haben aus den Zinserträgen noch Geld übrig und investieren es in Aktien. Die Unternehmenszahlen sorgen für gute Stimmung, 70 Prozent der im amerikanischen S&P Index gelisteten Unternehmen konnten die Erwartungen der Analysten übertreffen. Doch gleichzeitig steigen auch die Inflationsrisiken.

Die Marktlage

An guten Nachrichten aus der Wirtschaft mangelt es derzeit nicht. Der neueste Ifo-Geschäftsklimaindex hat eine weitere Rekordmarke erreicht – der Konjunkturoptimismus in Deutschland scheint demnach keine Grenzen zu kennen. In den USA fällt die Zwischenbilanz der Berichtssaison überaus positiv aus. Viele der Unternehmen aus dem US-Leitindex S&P 500 haben bisher berichtet und das Ergebnis ist – abgesehen von wenigen Ausnahmen aus dem Bankensektor – überzeugend. Was will man mehr, so fragt man sich am Parkett. Aber warum tut sich der DAX so schwer?

Viele Experten werfen einen Blick jenseits der aktuellen Ergebnislage der Unternehmen. Und was da zu sehen ist, irritiert die meisten. Das Inflationsgespenst geht wieder um. Aber diesmal könnte es mehr hinterlassen, als nur einen mitternächtlichen Schreck. In Deutschland steigen die Großhandelspreise um 9,5 Prozent, die Erzeugerpreise um 5,3 Prozent – der stärkste Anstieg seit 30 Jahren. Die sich abzeichnenden höheren Lohnabschlüsse dürften noch für zusätzlichen Preisdruck sorgen. In China liegt die Inflationsrate über der 5-Prozent-Marke, in Indien werden sogar 7 Prozent erwartet. Die jüngste Zinserhöhung in Höhe von 0,25 Prozent durch die indische Notenbank dürfte sich als völlig unzureichend erweisen. Und daran zeigt sich in aller Klarheit auch das Dilemma, in dem sich die Weltwirtschaft befindet: Jahrelang haben sich die Inflationsängste mit schöner Regelmäßigkeit als Phantom erwiesen. Nun ist die Inflation tatsächlich in der Realwirtschaft angekommen, wobei sich die Experten sicher sind, dass die Notenbanken mit Rücksicht auf die prekäre Verschuldungssituation nichts oder allenfalls nur kosmetische Maßnahmen unternehmen werden. Was dann kommen dürfte, könnte die Finanzkrise noch zum Vorspiel der eigentlichen Tragödie deklassieren. Das lässt die Investoren vorsichtig werden, denn es würde bedeuten, dass die Unternehmensergebnisse der aktuellen Berichtssaison den vorläufigen Höhepunkt der Gewinnentwicklung markieren und sich auf absehbare Zeit nicht weiter steigern lassen. Zumindest in den USA werden Zweifel laut, ob Aktien vor dem Hintergrund der zunehmenden Inflationsängste wirklich die erste Wahl sind.

Bulle & Bär

Die Landesbank Berlin fühlt sich durch den positiven Verlauf der Berichtssaison in ihrem Optimismus bestätigt und setzt auf weiter steigende Kurse. Eine Einschätzung, die von den meisten Analysten geteilt wird. Die DZ-Bank ist dagegen eine der wenigen Institute, die gerade wegen des hohen Grades an Optimismus zur Vorsicht raten. Interessanterweise kommen aus den USA wesentlich kritischere Stimmen. Den Analysten missfällt das schlechte Abschneiden der Finanzwerte und sie deuten dies als schlechtes Omen für den Gesamtmarkt. Der amerikanische Starökonom und Börsenprophet Robert Shiller hält Aktien zwischenzeitlich sogar für zu teuer.

Bei aller Freude über die guten Unternehmensergebnisse muss man doch nüchtern festhalten, dass der DAX sich nur noch mittels der Branchenrotation oben halten kann. Äußerst bedenklich stimmt auch, dass Rohstoffe im Allgemeinen und Rohöl im Besonderen stark unter Druck sind, was auf künftige Probleme in der globalen Ökonomie schließen lässt. Hinzu kommt, dass die Profis nicht nur voll investiert sind, sondern ihre Depots kaum abgesichert haben. Das alles deutet auf eine schärfere Gegenbewegung in naher Zukunft hin. Und der Auslöser dafür kann eigentlich nur in den Inflationsängsten zu suchen sein – möglicherweise in einer weiteren Zinserhöhung durch die chinesische Notenbank. Die Handlungsunfähigkeit der westlichen Notenbanken könnte dann leicht die Schuldenkrise von ihrer hässlichsten Seite zeigen – nachdem man am Parkett bislang fest daran glaubt, dass ihr Unternehmen und Konsumenten durch die historisch niedrigen Zinsen eigentlich nur Gutes abgewinnen können.


Eckdaten zum 27. Januar 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (27. 1., 12.30 h)
7157 Punkte
Dow Jones (26. 1. Schluss)
11.985 Punkte
Gold (Feinunze)
1339,35 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,13%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
0,90%
1,30% (ING-DiBa)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,44%
2,00% (SWK-Bank)

*Quelle: www.festgeld.de



AZ 2011, Nr. 5, S. 4

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