Wirtschaft

DAX: Frohe Kunde aus Brüssel

Einigung der Euro-Staaten sorgt für Kursanstieg – Experten warnen vor Euphorie

(hps). Das Gipfel-Ergebnis und gute Quartalszahlen aus den Reihen der DAX-Konzerne sorgen am Parkett wieder für Kauflaune. Obwohl die Details des Verhandlungsmarathons zunächst offen blieben, zeigten sich die Akteure erfreut, dass sich die EU überhaupt noch handlungsfähig präsentierte. Ob das für einen nachhaltigen Kursanstieg reicht, darf bezweifelt werden.

Die Marktlage

Aus fundamentaler Sicht standen die Sterne für die Börse nicht gerade günstig. Das US-Verbrauchervertrauen sackte im Oktober auf den niedrigsten Stand seit April 2009. Die Auftragslage für langlebige Wirtschaftsgüter in den USA schwächelte im September erneut. Doch das alles trat in den Schatten des EU-Gipfels zur Lösung der Euro-Schuldenkrise, von dem sich die Akteure nicht mehr und nicht weniger als eine allumfassende Lösung erhofften. Hoch gegriffene Erwartungen, die Enttäuschung schien vorprogrammiert. Am Ende vermeldete Brüssel: Kräftiger Schuldenschnitt für Griechenland, mehr Schlagkraft für den Rettungsfonds, Rekapitalisierung bei den Banken. "Kein großer Wurf, aber ein Schritt vorwärts" – so wurde das Ergebnis von Händlern kommentiert. Am Parkett schien man schon froh darüber zu sein, dass die Politik überhaupt noch zu derartigen Entscheidungen in der Lage war. Am Ende war es daher wohl hauptsächlich charttechnischen Gründen geschuldet, dass der DAX seine Aufwärtstendenz fortsetzen konnte. Und noch ein weiterer Faktor wurde ins Spiel gebracht: Die Hoffnungen auf eine bevorstehende Lockerung der chinesischen Geldpolitik. Die Regierung in Peking spricht neuerdings wieder von "wachstumsfördernden Maßnahmen", was am Parkett die Zuversicht nährt, die Weltkonjunkturlokomotive werde schon bald wieder unter Volldampf stehen.

Die jüngsten Ergebnisse der Berichtssaison spielten dagegen eine untergeordnete Rolle. Obwohl sich die Überschüsse der großen Konzerne in den USA eher rückläufig entwickelten, bleibt die Ertragslage in den meisten Fällen aufwärtsgerichtet. In Deutschland glänzte Bayer mit einem satten Gewinnsprung, BASF lag trotz des Ausfalls libyscher Ölförderanlagen über den Erwartungen der Analysten, Merck brillierte mit einer überraschend guten Bilanz, Daimler und VW konnten ebenfalls überzeugen. Fazit der Händler: Zumindest eine vorübergehende Erleichterung in der Schuldenkrise, gute Unternehmenszahlen hinsichtlich dem heutigen Stand der Dinge, aber ein negativer Ausblick vor dem Hintergrund der weltwirtschaftlichen Turbulenzen. In dieser Gemengenlage kann jetzt möglicherweise nur noch einer für Klarheit sorgen: Der Weihnachtsmann – mit einer sentimentalen Weihnachtsrallye.

Bulle & Bär – was bringt die neue Börsenwoche?

Nach Ansicht der Commerzbank ist das Schicksal der Börse auch weiter unabdingbar von einem überzeugenden Beschluss zur Bekämpfung der Schuldenkrise abhängig. Die Landesbank Berlin dagegen sieht die Risiken aus Wachstumsrisiken und Schuldenkrise und die Chancen, basierend auf einer attraktiven Marktbewertung und der Liquiditätslage, als ausgeglichen an. Auf Sicht der nächsten 12 Monate könne dies für einen moderaten Wertzuwachs beim DAX sorgen. Die Hessische Landesbank sieht die wahren Determinanten für den weiteren Fortgang an der Börse nicht in den politischen Entscheidungen der EU-Verantwortlichen. Diese würden die Börsenlaune nur vorübergehend beeinflussen. Vielmehr müsse sich erst die Ertragslage in den Unternehmen verbessern, bevor es zu einer Wende zum Besseren kommt.

Unterdessen hat der DAX sein an dieser Stelle ausgegebenes Erholungspotenzial von 6400 Punkten (AZ 43) fast schon ausgeschöpft. Insgesamt sieht der Kursanstieg recht unmotiviert aus und es steht zu, dass die Freude über die EU-Beschlüsse schnell verpuffen wird. Schon jetzt nennen einige Analysten das erzielte Ergebnis eine Mogelpackung. Zumindest ist dieser Maßnahmenkatalog mit ziemlicher Sicherheit nicht dazu angetan, die Wende in der Schuldkrise einzuläuten. Insoweit macht die Annahme Sinn, dass der Kursanstieg der letzten Tage nur eine Korrektur in einem übergeordneten Abwärtstrend darstellt. Es dürfte danach wieder abwärts gehen. Ob es in diesem Gefüge noch Platz für die traditionelle Weihnachts(zwischen)rallye hat, werden die kommenden Börsentage zeigen.

Eckdaten zum 27. Oktober 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (27. 10., 13.30 h)
6290 Punkte
Dow Jones (26. 10., Schluss)
11.869 Punkte
Gold (Feinunze)
1717,40 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,80%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,31%
2,70% (NBC-Direkt)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,87%
3,10% (Bank 11,
ISBank GmbH)

*Quelle: www.fmh.de



AZ 2011, Nr. 44, S. 5

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