Management

Den Kollegen zu besseren Leistungen motivieren

Wie Motivationsarbeit auf derselben Hierarchieebene laufen kann

Wie der Apotheker sich selbst und seine Mitarbeiter motiviert – dazu gibt es zahlreiche Tipps. Was aber, wenn der Mitarbeiter den Kollegen zu besseren Leistungen motivieren will? Zum Beispiel, weil er zwar nicht offiziell, aber de facto im Team eine führende Rolle innehat? Oder weil sich der angestellte Apotheker verantwortlich fühlt für bessere Ergebnisse im Frei- und Sichtwahlbereich? Oder weil ein Mitarbeiter einfach mehr erreichen möchte?

Klar ist: Bei der Motivation "unter seinesgleichen" gelten andere Gesetze als bei der üblichen Motivation durch den Apotheker. Denn bei der Motivationsarbeit auf derselben Hierarchieebene kann es vorkommen, dass sich ein Kollege bevormundet glaubt. Dies gilt insbesondere, wenn es um Veränderungen auf der Verhaltensebene geht. Wenn ein Kollege zum Beispiel glaubt, die anderen Mitarbeiter agierten zu lustlos, und sie zu besseren Leistungen anstacheln will, wird der "Motivator" schnell als jemand wahrgenommen, der sich auf Kosten der anderen profilieren möchte und sich ein Recht anmaßt, das er nicht hat.

Es ist mithin Vorsicht geboten, damit aus der guten Absicht, die Kollegen zu unterstützen und etwas Produktives zum Apothekenerfolg beizutragen, keine Negativergebnisse resultieren.

Mit produktivem Feedback motivieren

Nehmen wir an, der Apothekenmitarbeiter Michael Müller agiert im Team als Teammitglied und trotzdem an etwas hervorgehobener Position. Jeder weiß, er ist "die rechte Hand" des Apothekers, von ihm wird erwartet, dass er die Initiative ergreift und Verantwortung übernimmt. Wenn Michael Müller nun klare Anzeichen dafür hat, dass seine Kollegen einen Motivationsschub benötigen, bespricht er dies am besten zunächst einmal mit dem Apotheker. Denn die Motivationsarbeit ist eigentlich eine Aufgabe der Führungskraft.

Wenn sich der Apotheker jedoch dazu entschließt, die Motivation zu delegieren, muss er dem Team den Müller-Status verdeutlichen und klarstellen, dass der Kollege das Recht hat, das heikle Motivationsthema anzusprechen. Zudem diskutiert er mit der "rechten Hand" aus, wie weit deren Befugnisse gehen. Das gesamte Apothekenteam sollte wissen, was es bedeutet, dass Kollege Müller Motivationsaufgaben übernehmen soll und darf.

Trotz dieser Legitimation sollte Michael Müller mit Fingerspitzengefühl und Sensibilität vorgehen, um in der Beziehung zu den Kollegen nicht unnötig Porzellan zu zerschlagen. So ist es zum Beispiel klug, wenn er stets von einem produktiven Feedback spricht, das er geben will, und den Kollegen verdeutlicht, es gehe ihm letztendlich darum, sie dabei zu unterstützen, erfolgreicher zu arbeiten.

Zu den Selbstverständlichkeiten der Kollegenmotivation gehört es, sich ein deutliches Bild von der Situation zu verschaffen und den Gründen für die abnehmende Begeisterung bei der Apothekenarbeit auf die Spur zu kommen. Michael Müllers Motivationsarbeit führt nur dann zu den erwünschten Resultaten, wenn er den individuellen Ursachen bei jedem Kollegen mit individuellen Hilfsmaßnahmen begegnen kann. Die Kollegen müssen spüren, dass er ihnen helfen will. Ansonsten bauen sie eine Abwehrhaltung auf.

Auf positive Verpackung achten

Motivation unter gleichgestellten Kollegen läuft immer Gefahr, als angemaßte Kritik interpretiert zu werden. In unserem Beispielfall sollte Michael Müller prüfen, welche Einstellung ein Kollege zu dem Thema hat. Sieht er selbst gutgemeinte Verbesserungsvorschläge als Versuche, ihn bloßzustellen? Wertet er das Vorgehen als Einmischung oder gar als Angriff? Dann ist größte Vorsicht geboten. Michael Müller sollte seine Motivationsversuche mit einem ehrlichen Lob verbinden, dem Kollegen also zunächst seine Anerkennung für geleistete Arbeit zollen. Erst dann kommt er auf etwaige strittige Punkte zu sprechen. Die Kollegenansprache sollte also möglichst positiv verpackt sein.

Falsch wäre es zu sagen: "Warum sind Sie in letzter Zeit so lustlos?" Und das vielleicht auch noch im Kollegenkreis. Der Angesprochene fühlt sich dann natürlich angegrif-fen. Konstruktiver ist es, ihn auf die Seite zu nehmen und unter vier Augen zu argumentieren: "Mir fällt in letzter Zeit auf, dass Sie Probleme haben bei … (konkrete Situation nennen). Ich schlage Ihnen vor ..." Entscheidend ist mithin, mit dem Kollegen ins Gespräch zu kommen, in dessen Verlauf zu erfahren, was ihn bedrückt und bei der Entfaltung seiner Leistungspotenziale hemmt, um alsdann anzubieten, gemeinsam auf die Suche nach einer Lösung zu gehen.

Mit Fakten und Sensibilität überzeugen

Von Vorteil ist es, wenn in der Apotheke ein Klima herrscht, in dem die Motivation durch den Kollegen als Versuch angesehen wird, gemeinsam erfolgreich zu sein. Der Apotheker kann darauf hinwirken, dass solch ein Klima entsteht. Dies gelingt nicht immer – unser Michael Müller sollte daher darauf achten, die Aspekte Fakten und Sensibilität miteinander zu kombinieren. Wenn er etwa das Thema Demotivation ansprechen will, darf er nie im Allgemeinen verbleiben, sondern muss seine Äußerungen belegen können. Müller benennt überdies immer den konkreten Grund, der ihn veranlasst, als Motivator aufzutreten.

Sensibilität ist vor allem im sprachlichen Bereich vonnöten. Bereits in der Ansprache sollte deutlich werden, dass es nicht um Zurechtweisung geht. Die Chance, besser zu werden, steht im Vordergrund. Wichtig ist es, im Gespräch mit vielen Fragen zu arbeiten, den Kollegen so eventuell zur eigenen Einsicht zu bewegen, etwas ändern zu müssen: "In letzter Zeit lassen wir in unseren Arbeitsergebnissen nach. Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen? Was kann jeder von uns, auch Sie und ich, dazu beitragen, dies zu ändern?"

Für gute Vorbereitung sorgen

Michael Müller bereitet seine Motivationsarbeit darum intensiv vor. Er fragt sich, welche Wirkung er bei einem Kollegen erzielen will und welche Schritte dazu notwendig sind. Überdies berücksichtigt er dabei so weit wie irgend möglich die Mentalität des Gesprächspartners und die persönliche Beziehung, die er zu einem Kollegen unterhält. Denn wenn das Verhältnis zu ihm ohnehin angespannt ist, wird es schwierig, erfolgreiche Motivationsarbeit zu leisten.

Wenn der Kollege auf Michael Müllers Intervention harsch und unsachlich reagiert, muss eventuell doch noch der Apotheker eingeschaltet werden. Eine Alternative besteht darin, sich ganz und gar auf die Faktenebene zu beschränken und sachlich die Folgen darzulegen, die eintreten, wenn es mit der Demotivation so weitergeht.

Die eigene Rolle reflektieren

Michael Müller muss sich zudem mit seiner Rolle und Aufgabe auseinandersetzen und identifizieren. Entscheidend ist, dass er die Herausforderung annimmt und sich selbstbewusst sagt, nicht ohne Grund mit dieser Aufgabe beauftragt worden zu sein: Der Apotheker traut es ihm zu, das Team zu motivieren.

Hinzu kommt: Das Bewusstsein, all dies nicht zur Profilierung der eigenen Person zu tun, sondern um die Apotheke voranzubringen, sollte für ihn Grund genug sein, in seinen Motivationsbemühungen nicht nachzulassen. Neben den Gesprächen mit dem Apotheker kann er sich überdies Hilfe von außen holen: Dazu tauscht er sich mit Menschen aus, die ähnliche Erfahrungen gesammelt haben.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2011, Nr. 42, S. 6

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