Gesundheitspolitik

Vorteil24: Linda-Apotheker vor Gericht

In zwei Gerichtsverfahren bleibt das Geschäftsmodell vorerst unangetastet

Berlin (ks). Die Apothekenkooperation Linda fühlt sich bestätigt: Eine Linda-Apotheke aus dem Kreis Euskirchen, die am Vorteil 24-Testmodell teilnimmt, habe sich in zwei rechtlichen Auseinandersetzungen durchsetzen können, vermeldete die Linda AG am 20. Januar. Ihre Gegner geben sich allerdings keinesfalls geschlagen.

Der Apotheker aus dem Kreis Euskirchen, der das Apotheken-Pick-up-Modell Vorteil24 testet, war deshalb sowohl von der Apothekerkammer Nordrhein als auch vom Landkreis angegriffen worden. Linda zufolge sei unter anderem vorgetragen worden, Vorteil24 sei in seiner konkreten Ausgestaltung unzulässig und es bestünde eine unmittelbare Gefährdung der Arzneimittelsicherheit – daher müsse die Umsetzung des Modells in der betroffenen Vorteil24-Test-Apotheke unverzüglich eingestellt werden.

Kammer-Verfahren gegen Gutschein-Ausgabe

Nun hat das Landgericht Aachen letzte Woche der Apothekerkammer Nordrhein empfohlen, ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Apotheke nicht weiter zu verfolgen. Die Kammer hatte mit diesem Verfahren lediglich einen Teilaspekt des Vorteil24-Modells angegriffen, und zwar einen wettbewerbsrechtlichen: Sie wollte dem Apotheker die Ausgabe von Gutscheinen untersagen. Nachdem der Richter in der mündlichen Verhandlung allerdings durchblicken ließ, dass er der Argumentation des Oberlandesgerichts Köln folgen werde, das in einem ersten Rechtsstreit gegen die Erfinder des Vorteil24-Konzepts, die Montanus-Apotheker-Familie aus dem Bergischen Land, die von der Wettbewerbszentrale geführte Klage abgewiesen hatte, nahm die Kammer ihren Antrag tatsächlich zurück. Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und stellvertretende Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, ist dennoch überzeugt, dass das Geschäftsmodell rechtswidrig ist. Die Kammer sieht den Streit noch nicht am Ende: "Wir sind mit einem 0:1 in die Kabine gegangen und werden mit einer neuen Taktik zurück auf den Platz kommen", sagte Mecking gegenüber der AZ. So suche man auch den Schulterschluss mit anderen Kammern und der Bundesebene – schließlich gibt es nicht nur in Nordrhein Linda-Apotheken, die sich am Vorteil24-Modell beteiligen. Auch über ein berufsrechtliches Vorgehen denke man nach. Zudem betont Mecking, dass der wettbewerbsrechtliche Aspekt des Modells nur ein kleiner Ausschnitt der gesamten Materie sei.

Kreis erlässt Verfügung mit Rechtsfehlern

Darüber hinaus hatte sich das Verwaltungsgericht Aachen mit demselben Apotheker befasst. Der Kreis hatte ihm per Verfügung untersagt, das Vorteil24-Modell seinen Kunden weiter anzubieten. Die Behörde sieht hierdurch Normen der Apothekenbetriebsordnung und des Apothekengesetzes verletzt. Der Apotheker legte beim Verwaltungsgericht Rechtsmittel gegen den Bescheid ein. Am 11. Januar 2011 beanstandete dieses die behördliche Untersagungsverfügung gegen die Vorteil24-Test-Apotheke als rechtswidrig. So hatte die Behörde die Ermächtigungsgrundlage nicht genannt und die angeordnete sofortige Vollziehung nicht gesondert begründet. Wegen dieser formellen Fehler, auf die das Gericht hinwies, nahm auch der Kreis seinen Bescheid zurück – eine Entscheidung durch das Gericht wurde jedoch nicht getroffen. Das Verfahren ist weiterhin anhängig, bestätigte der Sprecher des Gerichts gegenüber der AZ. Es ist nun Sache des klagenden Apothekers den Fall für erledigt zu erklären. Der Kreis will aber offenbar ebenfalls nicht klein beigeben und arbeitet bereits an einer neuen Verfügung, die den formellen Voraussetzungen eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes genügt.

Bei Linda ist man bis dahin auch ohne klares Urteil über die rechtliche Entwicklung erfreut: Die Ergebnisse der Verfahren zeigten deutlich, "dass die offensichtlich übereilt vorgebrachten Vorbehalte und Zweifel an dem Modell Vorteil24 nicht zutreffen". Das Konzept Vorteil24 biete bei Wahrung eines hohen ethisch-pharmazeutischen Anspruchs zahlreiche Vorteile für die Verbraucher, so die Kooperation. Gleichzeitig stärke es die Präsenzapotheke vor Ort, im Wettbewerb gegen die Auswüchse des europäischen Internet-Versandhandels zu bestehen. Neue Ideen und Konzepte würden aber immer kritisch beäugt, so Linda, daher sei es nicht verwunderlich, dass die Gegner von Veränderungen und Wettbewerb versuchten, gegen das Modell Vorteil24 zu intervenieren.



AZ 2011, Nr. 4, S. 3

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