Gesundheitspolitik

Rabattverträge: Des einen Freud, des andern Leid

Christopher Hermann verteidigt Rabattverträge und freut sich an ihrer Effizienz

Berlin (ks). Die Arzneimittel-Rabattverträge der Krankenkassen stehen seit ihren Anfängen in der Kritik – derzeit ist sie wieder besonders laut. Auch das ARD-Magazin Plusminus zeigte letzte Woche in einem Beitrag Verständnis für die Probleme nicht nur der Patienten, sondern auch der Ärzte und Apotheker. Die AOK dagegen pocht auf die Vorteile – sprich die Einsparungen – durch die Verträge.

Der TV-Beitrag zeigte eine Schmerzpatientin, der die Umstellung auf das Rabattarzneimittel ihrer Kasse nicht gut bekommen war: "Ich musste die Dosis erhöhen, weil es einfach nicht lang genug gewirkt hat und Schmerzen waren noch vorhanden. Dann kam noch dazu, dass ich wahnsinnig Juckreiz gekriegt habe." Ihr Arzt machte nach drei Wochen das Aut-idem-Kreuz – im Bewusstsein, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung und einen Regress zu riskieren, wenn dies zu oft vorkommt. Der Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands, Peter Homann, zeigte in dem Beitrag auf, was die Rabattverträge in der Apothekenpraxis bedeuten. Die Quintessenz: "Wir erbringen die Leistung und die Krankenkasse spart das Geld." Auch Prof. Gerd Glaeske kommt als Experte zu Wort – diesmal nicht als Apotheken- sondern als Rabattvertragskritiker: "Die Arzneimittelsicherheit muss im Mittelpunkt stehen und darf nicht geopfert werden auf dem Altar von angeblich kostengünstigeren Arzneimitteln über Rabattverträge."

Schon vor der Sendung hatte die AOK in einer Pressemitteilung verlauten lassen, sie setze weiterhin auf Rabattverträge. "Wir haben derzeit kein vergleichbar gutes Instrument, um bei garantiert gleichbleibender Qualität der medizinischen Versorgung die Ausgaben zu senken", sagte der Chefverhandler der AOK-Rabattverträge Christopher Hermann. Die Verträge seien für die AOK nicht zuletzt wegen der minimalen Umsetzungskosten ausgesprochen effizient: "Die Kosten für den Abschluss und die Begleitung der Rabattverträge liegen bei weniger als ein Prozent der eingesparten Summe. Ohne die durch die Pharmaindustrie provozierten kostenintensiven rechtlichen Auseinandersetzungen läge der Aufwand im Promillebereich." Auch die Apotheken gehen trotz ihres Mehraufwands bekanntlich leer aus und schlagen für die Kassen nicht zu Buche – doch dies lässt Hermann unerwähnt.

Homann bezeichnete Hermanns Aussagen als "Schlag ins Gesicht von Patienten und Apothekern". Die bisherigen Einsparungen durch die Rabattverträge gingen voll zulasten der Patienten, die sich ständig auf andere Präparate einstellen müssten. Dies führe vielfach dazu, dass diese die Medikamente einfach absetzten. Bei den Apotheken entstünden überdies immense Kosten durch den erhöhten Erklärungsaufwand, der nur durch zusätzliches Personal zu stemmen sei. Hinzu komme ein erheblicher Lager- und EDV-Aufwand. Homanns Fazit: "Die Rabattverträge sind nur für die Finanzen der Kassen eine Geschichte mit Happy-End. Für die Patienten und Apotheker sind sie eher eine Tragödie". Er forderte die Kassen nochmals auf, ihre Einsparungen durch die Verträge zeitnah offenzulegen.



AZ 2011, Nr. 4, S. 8

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