Gesundheitspolitik

Schmidt verteidigt Medikationskatalog

Hermann sieht Rabattverträge durch ABDA/KBV-Konzept bedroht – Schmidt widerspricht

Berlin (az). Die ABDA sieht das ABDA/KBV-Konzept vom Chefverhandler der AOK-Rabattverträge, Dr. Christopher Hermann, gründlich missverstanden. Weder torpediere der derzeit öffentlich diskutierte Medikationskatalog die gültigen Rabattverträge, noch solle er eine Alternative zu ihnen sein.

Nach den schweren Vorwürfen gegen Apotheker wegen fehlerhaft gekennzeichneter Metoprolol-Rezepte hat sich der Vize-Chef der AOK Baden-Württemberg letzte Woche erneut gegen die Apotheker gestellt: Als "in der Sache nicht umsetzbar" bezeichnete Hermann das von ABDA und KBV vorgestellte Konzept zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung. Der Plan bedeute den "Bankrott der verfassten Ärzteschaft", sagte er gegenüber der "Ärzte Zeitung". Er könne sich der Kritik des Hausärzteverbands nur anschließen. Hermann: "Die Kassenärzteschaft ist offenbar gewillt, die Therapiehoheit am Counter der Apotheke abzugeben. Das ist mir unbegreiflich."

Auch ein Modellprojekt zur Wirkstoffverordnung ist laut Hermann gegen geschlossene Rabattverträge nicht zu realisieren. Denn "Rabattverträge können nicht außer Kraft gesetzt werden", so Hermann. Diese Verträge seien nach Vergaberecht europaweit ausgeschrieben und abgeschlossen. Die Pharmaunternehmen, die Zuschläge erhielten, hätten einen Anspruch darauf, "dass die Verträge in vollem Umfang erfüllt werden". Eine etwaige Vereinbarung eines Modellvorhabens oder auch ein Schiedsstellenbeschluss darüber zöge unweigerlich Schadensersatzforderungen nach sich.

Schmidt: Erst lesen, dann kritisieren

ABDA-Vize Friedemann Schmidt riet Hermann daraufhin, bevor er ein Interview gebe und Konzepte kritisiere, sollte er diese zumindest richtig lesen. Schmidt bleibt überzeugt: "Das Zukunftskonzept ist durchdacht und praktikabel. Wir werden hier absichtlich von jemandem missverstanden, der keine Argumente gegen unser Zukunftskonzept findet." Schmidt verwies darauf, dass Ärzte und Apotheker bereits heute vor Ort eng zusammenarbeiten. "Bevor sich Dr. Christopher Hermann Sorgen um seine Rabattvertragspartner bei der pharmazeutischen Industrie macht, sollte er sich zunächst lieber um seine Versicherten sorgen," so der ABDA-Vize.

ABDA und KBV wollen gemeinsam die Arzneimittelversorgung verbessern. Eine Bestandteil ihres Konzepts ist der Medikationskatalog: Ärzte und Apotheker schlagen gemeinsam vor, welche Wirkstoffe indikationsbezogen eingesetzt werden sollen. Von diesem Medikationskatalog können Ärzte abweichen, wenn dies therapeutisch notwendig ist. Der Arzt wählt den Wirkstoff, die Dosierung, die Menge und Darreichungsform aus. Der Apotheker wählt dann – entsprechend der gültigen Rabattverträge oder anderer Regelungen – ein passendes Arzneimittel aus und gibt es an den Patienten ab. Die ärztliche Therapiefreiheit werde durch den Medikationskatalog nicht eingeschränkt, betonte die ABDA erneut.



AZ 2011, Nr. 39, S. 8

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