Gesundheitspolitik

Leben mit Pick up?

Peter Ditzel

Es war im Jahr 2004, als der Drogeriemarkt dm zum ersten Mal acht Testfilialen mit einer Pick- up-Station ausrüstete. Vier Jahre später und einige Prozesse weiter segnete das Bundesverwaltungsgericht das "dm-Modell" ab. Nach Auffassung des Gerichts ist die Auslieferung bestellter Waren durch Übergabe an den Kunden in der "Abholstation" eine verbreitete Form des Versandhandels. Das Kooperationsmodell zwischen dm und der Europa Apotheek sei deshalb nach "heutigem Sprachgebrauch noch vom Begriff des Versandhandels erfasst". In einem Kommentar sprach ich seinerzeit von einem "dies ater", von einem schwarzen Tag für die Apotheke. Mit diesem Urteil startete dm durch und baute die Arzneimittel-pick-up-Stellen in seinen Läden zügig aus. Es war klar, dass dm mit dieser Idee nicht allein bleiben würde. Andere Drogeriemärkte imitierten dieses Modell in abgewandelter Form. Aber auch die eine oder andere Apotheke versuchte, eine Abholstelle in anderen Läden einzurichten, sei es in einem Kiosk, bei einer Reinigung oder an einer Tankstelle – aber solche Modelle scheiterten, dm blieb.

Dann kamen die Gebrüder Winterfeld aus dem Bergischen Land und fingen an, mit ihrem Vorteil24-Modell zu experimentieren, mit eigener Versandapotheke in den Niederlanden und Abholstellen in ihren eigenen Apotheken. Das mag für den einen oder anderen anfangs clever ausgesehen haben, war aber Bemühungen, Pick up zu stoppen, gegenläufig. Und es ist juristisch angreifbar. Die Streitigkeiten dauern an, aber das Modell läuft weiter. Seit über einem Jahr sind sogar einige Apotheker der Linda-Kooperation dem Pick-up-Gedanken erlegen, machen bei Vorteil24 mit, schicken die Rezepte des Kunden in die niederländische Apotheke der Winterfelds und streichen dafür Provisionen ein. Das Modell soll im Herbst allen Linda-Apotheken angeboten werden.

Mittlerweile installierten auch zwei, drei DocMorris-Franchise-Apotheken in Deutschland ein Pick-up-System und fungieren als Abholstelle der gleichnamigen niederländischen Versandapotheke. Auch dieses System soll ausgebaut werden. Und auch hier überlegten Behörden, ob dies zu unterbinden sei. Aber die zuständige Aufsichtsbehörde kann keinen Verstoß erkennen und die Kammer sieht bei einem berufsgerichtlichen Verfahren keine Aussicht auf Erfolg.

Unsere Bundesregierung hat in Sachen Pick up auch schon kapituliert. Glaubt noch jemand, dass wir Pick up wegbekommen?


Peter Ditzel



AZ 2011, Nr. 36, S. 1

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