Gesundheitspolitik

Präsente und Beigaben in Apotheken – häufig unterschätztes Marketinginstrument

Wo bekommt man noch etwas umsonst – oder doch besser formuliert unentgeltlich. Ja richtig: beim Metzger, wenn man Kind ist und Wurst mag. Und in der Apotheke: z. B. die Apothekenumschau oder Apothekenillustrierte und als Kind hatte man immer Spaß am Junior. Und natürlich die Traubenzucker.

Werbeartikel, die Unternehmen in Form von Präsenten und Beigaben an ihre Kunden verschenken, sind zwar vielfältig, kommen aber auf Endverbraucherebene eher selten vor. Die, die man erhält, reichen von "begeisternd" über "recht nützlich" bis hin zu "total daneben". Tatsächlich kann die Mehrzahl der verschenkten Artikel unter gewissen Umständen und für die richtige Zielgruppe einen Nutzen stiften. Dieser kann rational oder emotional sein. Die Schokolade nach dem Air Berlin-Flug ist eher ein emotionales Erlebnis, die Beigabe an Erfrischungstüchern doch eher nützlich.

Apotheken gehören zu den wenigen Branchen, in denen der Einsatz von Präsenten und Produktbeigaben zum Standard gehört. Oftmals erhält man als Kunde jedoch den Eindruck, dass die Beigaben lediglich deshalb verteilt werden, weil es nun einmal so üblich ist. So erfolgt der Einsatz von Präsenten und Produktbeigaben allzu häufig unüberlegt und beliebig. Die Folge: die Wirkung dieses im Grunde attraktiven Instruments der Kundengewinnung und -bindung wird bei Weitem nicht ausgeschöpft, kann in Einzelfällen sogar kontraproduktiv ausfallen.

Dabei erscheint es im Grunde gar nicht schwer, den Einsatz von Präsenten und Produktbeigaben so zu gestalten, dass sie Erstkunden in Erinnerung bleiben und bestehende Kunden (noch stärker) an die Apotheke binden. Hierzu ist es hilfreich, wenn die verteilten Produktbeigaben mit der Apotheke in Verbindung gebracht werden können, in der der Kunde sie erhalten hat. Unabhängig vom Produkt bietet sich hier der Aufdruck des apothekenspezifischen Logos oder Schriftzugs an.

Alternativ oder ergänzend hierzu sollten Präsente und Beigaben einen Bezug zum Thema Gesundheit bzw. zu dem in der Apotheke angebotenen Sortiment aufweisen. In diesem Fall können Präsente und Beigaben auch dazu genutzt werden, um auf einen möglichen Sortimentsschwerpunkt oder eine spezifische Ausrichtung der Apotheke aufmerksam zu machen. Möchte sich die Apotheke beispielsweise über das Thema Alternativmedizin und Naturprodukte hervortun, könnten gezielt Produktbeigaben und -pröbchen aus diesem Sortimentsbereich verteilt und ggf. darüber hinaus mit einem zusätzlichen Hinweis auf die besondere Kompetenz in diesem Bereich versehen werden.

Bei der Verteilung von Präsenten, die keinen Bezug zur Gesundheit oder dem Apothekensortiment aufweisen, sondern dem Kunden einfach nur eine Freude machen sollen, ist unter anderem darauf zu achten, dass die Beigaben keine im Gegensatz zur Apotheke stehenden Assoziationen auslösen. So kann das Verschenken eines Feuerzeugs Irritationen auslösen, wenn der Kunde dieses Präsent in Verbindung mit Rauchen und damit "Ungesundheit" bringt.

Das Apothekenpersonal sollte darüber hinaus in der Lage sein, ein Stück weit einzuschätzen, ob der jeweilige Kunde für eine bestimmte Produktbeigabe überhaupt Verwendung hat. So benötigen sicherlich nur wenige Männer eine Produktprobe eines Medikaments zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden. Und ein 18-jähriges Mädchen, das gerade die Anti-Baby-Pille gekauft hat, weiß mit einem Probetübchen Kinderzahncreme mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht viel anzufangen. Beispiele dienen immer dazu, etwas extremer darzustellen als es vermutlich ist. Doch diese Beispiele sollen nur zeigen, dass Zugaben wie Geschenke wirken und wer will schon etwas geschenkt bekommen, bei dem er den Eindruck gewinnt, dass der Schenkende sich nicht wirklich Gedanken gemacht hat.

Auch kommt es immer wieder vor, dass das Verschenken bestimmter Beigaben von den Kunden geradezu als Affront empfunden wird. Je nach Alter des Kunden könnte dies zum Beispiel bei der Beigabe einer Creme gegen Altersflecken der Fall sein. Und einen Abdeckstift gegen Augenringe sollte das Apothekenpersonal besser nicht mit den Worten "Den können Sie doch sicherlich gut gebrauchen!" aushändigen.

Im Zweifelsfall lohnt es sich nachzufragen, ob der Kunde eine bestimmte Beigabe überhaupt gebrauchen kann oder er lieber etwas anderes haben möchte. Im zuvor geschilderten Beispiel hätte sich die junge Dame wahrscheinlich eher über Taschentücher als über die Kinderzahncreme gefreut.

Ferner sollte die Apotheke ein wenig Abwechslung in die von ihr verteilten Beigaben und Präsente bringen. Beispielsweise können Präsente eine saisonale Ausrichtung erfahren, indem zur Jahreszeit passende Beigaben angeboten werden. Hierzu sind nicht einmal übermäßige Investitionen notwendig. So verschenken einige Apotheken in der Adventszeit Mandarinen, im Herbst Äpfel. Außerdem kann auf ausgewählte Feiertage oder sonstige Anlässe wie Valentins- oder Muttertag eingegangen werden.

Das Führen einer Kundenkartei ermöglicht es schließlich, Kunden zu individuellen Anlässen oder Festtagen mit etwas Besonderem zu überraschen. Ein persönlicher Brief zum Geburtstag mit dem Hinweis, dass in der Apotheke ein Geschenk, z. B. eine Flasche Wein, auf den Kunden wartet, ist immer eine schöne Geste.

Um den Kunden zu überraschen, braucht es aber natürlich keinen besonderen Anlass. Im Gegenteil. Ein Kunde, der beim morgendlichen Apothekenbesuch beiläufig erwähnt, noch nichts gefrühstückt zu haben und daraufhin unverhofft ein kleines Lunchpaket geschenkt bekommt, wird dieses Ereignis sicherlich lange in Erinnerung behalten.

Diese ausgewählten Beispiele machen deutlich: Es ist gar nicht so schwer und es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um Präsente und Beigaben effektiv als Marketinginstrument einzusetzen. Der Kunde freut sich in der Regel auch über Kleinigkeiten und darüber, überhaupt etwas geschenkt zu bekommen. Es geht also nicht darum, spektakuläre Präsente anzubieten, sondern Präsente bewusst anzubieten. Andernfalls erzieht man den Kunden auch zu einer unverhältnismäßig hohen Erwartungshaltung, die schließlich in Enttäuschung mündet, wenn es wirklich einmal "nur" die Taschentücher sind, die als Beigabe in die Einkaufstüte wandern.


Andreas Kaapke


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de



AZ 2011, Nr. 32-33, S. 2

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