Gesundheitspolitik

Immer mehr patentgeschützte Arzneimittel unter Rabattvertrag

Pro Generika kritisiert Vertragsabschlüsse kurz vor Patentablauf

Berlin (ks). Nachdem Rabattverträge für Generika mittlerweile für alle Kassen eine Selbstverständlichkeit sind, werden jetzt auch zunehmend für patentgeschützte Arzneimittel Preisnachlässe ausgehandelt. Im vergangenen April entfiel bereits rund ein Drittel der Umsätze aller rabattvertragsgeregelter Medikamente auf Originalarzneien mit Patentschutz. Dies geht aus Daten von IMS Health hervor.

Im April 2011 waren 61 Prozent aller abgegebenen Packungen im generikafähigen Markt vertraglich rabattiert. IMS Health sieht den Markt hier weitgehend gesättigt. Auch höhere Umsetzungsquoten als sie jetzt vorliegen, seien kaum mehr zu erreichen. Dafür ist Bewegung bei den patentgeschützten Arzneimitteln zu erkennen. Im April lag der Umsatzanteil aller rabattvertragsgeregelter Medikamente nach Listenpreisen (ohne Rabatte) im GKV-Arzneimittelmarkt bei 22 Prozent bzw. 378 Millionen Euro – und 32 Prozent (121 Mio. Euro) hiervon entfielen auf patentgeschützte Arzneimittel. In diesem Segment konnten allein die Top-5-Präparate einen Umsatzanteil von rund 45 Prozent für sich verbuchen. Der Anti-TNF-Blocker Enbrel® (Pfizer) steht dabei mit 11 Prozentpunkten auf Platz 1, gefolgt vom MS-Mittel Rebif® (Merck Serono / 10 Prozent), dem atypischen Neuroleptikum Zyprexa® (Eli Lilly / 9 Prozent), dem Antidiabetikum Lantus (Sanofi-Aventis / 8 Prozent) und dem MS-Mittel Betaferon (Bayer / 7 Prozent).

Vorreiter AOK

Unter den verschiedenen Kassen erweist sich auch im Rabattvertragsgeschäft für Originale die AOK als Vorreiter. In der AOK-Gemeinschaft waren laut IMS Health im ersten Jahresdrittel 2011 im patentgeschützten Segment bereits 18 Prozent der abgegebenen Packungen rabattiert. So hat die AOK Baden-Württemberg beispielsweise Rabattverträge über Vimpat® (UCB Pharma), Clexane® (Sanofi-Aventis), Enbrel® und Genotropin® (beide Pfizer) geschlossen. Aber auch andere Kassen ziehen nach. So waren bei der Barmer GEK 13 Prozent der abgegebenen patentgeschützten Packungen unter Rabattvertrag; bei der DAK waren es 12 Prozent.

Für die Hersteller, so konstatiert IMS Health, sind Rabattverträge für Originale nur dann attraktiv, wenn sie sich hierdurch Marktteile sichern können. Dies kann durch Mengengarantien geschehen, das Ausschalten von Import-Arzneimitteln oder schlicht dadurch, dass das Patent bald abläuft und generische Konkurrenz auf den Plan tritt. Eine weitere Kategorie bilden sogenannte Risk-Share- und Mehrwertverträge.

Pro Generika: Preiswettbewerb wird behindert

Dem Branchenverband Pro Generika stoßen vor allem die Verträge sauer auf, bei denen der Patentablauf des Rabatt-Arzneimittels unmittelbar bevorsteht. Obgleich später in den Markt kommende Generika im Regelfall einen deutlich günstigeren Listenpreis als das Erstanbieterpräparat haben, müssen die Apotheken wegen des Substitutionsgebotes dennoch das rabattierte Altoriginal abgeben. Damit, so beklagt Pro Generika, behinderten diese Rabattverträge (Preis-)Wettbewerb im generikafähigen Arzneimittelmarkt. Und das ist am Ende auch für die Kassen ein schlechtes Geschäft, da sie weniger Einsparungen durch Generika erzielen können.

Apotheken sind seit Inkraftreten des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) zum 1. Januar 2011 auch im Bereich der patentgeschützten Arzneimittel zur bevorzugten Abgabe rabattierter Präparate verpflichtet. Allerdings wirft die hierzu in § 129 Abs. 1 SGB V getroffene Neuregelung einige Fragen auf. Etwa die, ob die bevorzugte Abgabe durch die Apotheke auch dann verpflichtend ist, wenn der Rabattvertrag über das patentgeschützte Arzneimittel schon vor Inkrafttreten des AMNOG geschlossen wurde.



AZ 2011, Nr. 30-31, S. 1

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