Gesundheitspolitik

Internet bleibt Einfallstor für Fälschungen

EU-Zollbehörden beschlagnahmen mehr als 3,2 Millionen Arzneimittel

Berlin (ks). Die EU-Zollbehörden haben 2010 an den Außengrenzen der Europäischen Union mehr als 103 Millionen Produkte aus Drittstaaten wegen des Verdachts auf Schutzrechtsverletzung beschlagnahmt. Dies geht aus den aktuellen Zollstatistiken der Kommission hervor, die am 14. Juli in Brüssel vorgelegt wurden.

Der Zoll verbuchte 2010 mehr als 79.000 Fälle – eine Anzahl, die sich seit 2009 beinahe verdoppelt hat, damals waren es 43.500 Fälle. Allerdings sank zugleich die Zahl der sichergestellten Produkte. Zum ersten Mal wurden in den diesjährigen Zollbericht auch Angaben zum Wert der festgehaltenen Waren aufgenommen. Dieser wird auf über 1,1 Milliarden Euro geschätzt. Die betroffenen Erzeugnisse sind in erster Linie Zigaretten (34 Prozent der Beschlagnahmen), Bürobedarf (9 Prozent), andere Tabakwaren (8 Prozent), Etiketten, Anhänger und Logos (8 Prozent), Bekleidung (7 Prozent) und Spielzeug (7 Prozent).

Bei 14,5 Prozent aller sichergestellten Waren handelt es sich um Arzneimittel, Haushaltsprodukte wie Shampoos, Seifen, oder Haushaltsgeräte (Haartrockner, Rasierapparate, Computerteile), die möglicherweise die Sicherheit und Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern gefährden könnten.

Fokus auf Postsendungen

Der Bericht betont, dass der Verkauf gefälschter Produkte über das Internet die Zahl der Sicherstellungen im Postverkehr spektakulär erhöht hat: Sie stieg von 15.000 im Jahr 2009 auf nunmehr über 48.000. Hier waren nahezu 70 Prozent der sichergestellten Waren Arzneimittel – und das, obwohl Medikamente nur 3,3 Prozent der aufgeflogenen Fälle im Postverkehr ausmachten. Insgesamt verzeichnet der Bericht 1812 Fälle, in denen gefälschte Arzneimittel sichergestellt wurden – mit in die Rechnung einbezogen sind auch Kondome. Diese Fälle betrafen mehr als 3,2 Millionen Einzelartikel, deren Originale einen Wert von 26,6 Millionen Euro gehabt hätten. Im Jahr 2009 zählten die Zollbehörden noch 3368 Fälle, in denen insgesamt knapp 11,5 Millionen Medikamente beschlagnahmt wurden. Mit 99 Prozent handelte es sich bei den sichergestellten Präparaten um Life-Style-Arzneimittel wie Diätpillen oder Viagra. Doch dem Zoll kamen auch Antibiotika, Antidepressiva, Antiallergika, Krebsarzneimittel oder Abtreibungspillen in die Hände.

Arzneimittelfälschungen kommen meist aus Indien

Am häufigsten stammen die Produkte (insgesamt 85 Prozent aller beanstandeten Waren) nach wie vor aus China. Dagegen nahmen andere Länder wie die Türkei, Thailand, Hongkong oder Indien in bestimmten Produktkategorien eine Spitzenstellung ein. Bei Arzneimitteln steht Indien mit 93 Prozent an erster Stelle – China und Hongkong sind als weitere Ursprungsländer genannt. In über 90 Prozent der Fälle wurden die beschlagnahmten Waren vernichtet, oder es wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet, um den Verstoß festzustellen.



AZ 2011, Nr. 29, S. 8

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.