Recht

Wenn der Müll neben der Tonne steht

Auch Wohnungseigentümer müssen Rücksicht nehmen

(bü). Rücksichtnahme und Toleranz im täglichen Zusammenleben gelten auch unter Wohnungseigentümern nicht immer als oberstes Gebot. Daher müssen oft die Richter ein Machtwort sprechen, wenn es um überquellende Mülltüten neben der Mülltonne geht oder wenn man sich vor dem Hauseingang mühsam zwischen Kinderwagen, Fahrrädern und anderen abgestellten Gegenständen hindurchschlängeln muss, um in seine eigenen vier Wände zu gelangen.

Damit aber in einer Wohnungseigentümergemeinschaft das Chaos gar nicht erst um sich greift und ein er-träglicher Umgang untereinander gewährleistet wird, räumt das Wohnungseigentumsgesetz den Eigentümern das Recht und die Möglichkeit ein, "Gebrauchsregelungen" zu treffen, die in der "Hausordnung" niedergelegt sind.

Hausordnung notfalls per Amtsgericht

Diese Hausordnung wird üblicherweise vom Verwalter aufgestellt. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit aber stets der Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümerversammlung. Können sich die Wohnungseigentümer auf eine solche Hausordnung nicht einigen, so kann jeder Eigentümer die Aufstellung durch das Amtsgericht verlangen.

Das Gesamtinteresse aller Eigentümer zählt

Das "Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer" bildet grundsätzlich den Rahmen der Gebrauchsrege-lungen, die sowohl die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Anlagen und Einrichtungen betreffen können, aber auch den Gebrauch und die Nutzung der im Alleineigentum der einzelnen Eigentümer stehenden eigenen vier Wände.

So können die Eigentümer etwa das Klavierspielen in der jeweiligen Wohnanlage mehrheitlich auf eine bestimmte zeitliche Dauer und Tageszeiten beschränken, allerdings nicht grundsätzlich verbieten. Hierzu bedarf es einer Vereinbarung, der alle zustimmen müssten.

Das Gleiche gilt für die Beschränkung der Tierhaltung Auch hier reicht ein Mehrheitsbeschluss aus, ein Verbot bedarf der Zustimmung aller. Nach der Rechtsprechung ist jedoch auch ein nur mehrheitlich beschlossenes Verbot wirksam, wenn dieser Beschluss nicht bei Gericht angefochten und durch den Richter für ungültig erklärt wird. Uneingeschränkt zulässig ist dagegen wiederum eine mehrheitlich beschlossene Regelung, nach der Hunde und Katzen außerhalb der Wohnung im Bereich der Wohnanlage nur an der Leine zu führen sind.

Mehrheitsbeschlüsse über die Einhaltung von Ruhezeiten richten sich nach den allgemein anerkannten Regelungen, wobei gesetzliche Ruhezeiten als Mindestrahmen einzuhalten, weitergehende Regelungen aber deshalb nicht ausgeschlossen sind.

Ob Wohnungseigentümer im Rahmen der Hausordnung zur Räum- und Streupflicht bei Schnee- und Eisglätte durch einfachen Mehrheitsbeschluss herangezogen werden können, ist in der Rechtsprechung strittig. Allerdings bleibt auch hier zu beachten, dass eine solche "nur" mit Mehrheit beschlossene Regelung dann alle Wohnungseigentümer bindet, wenn der betreffende Beschluss nicht angefochten und folglich durch ein Gericht nicht für ungültig erklärt wurde.

Und wenn die Hausordnung ignoriert wird?

Halten sich Wohnungseigentümer nun aber nicht an die Hausordnung und stellen sie ihre Mülltüten immer wieder neben die Mülltonne, statt sie ordnungsgemäß in die Behälter zu schütten, oder stellen sie ihre Fahrräder wiederholt im Treppenhaus und nicht im dafür vorgesehenen Fahrradkeller ab, oder kommen sie ihrer Räum- und Streupflicht nicht nach, so kann man diesen wiederholt störenden Miteigentümern nicht mit "Eigenmacht" begegnen, sondern muss das Gericht bemühen, um den Störenfried "zur Ordnung zu rufen". Dieses Recht kann jeder Wohnungseigentümer auch ohne Mitwirkung der übrigen Miteigentümer geltend machen, ohne einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung.

Verstößt ein Wohnungseigentümer wiederholt grob und trotz Abmahnungen gegen die ihm auch nach der Hausordnung obliegenden Verpflichtungen, so kann als letztes Mittel auch die Entziehung des Wohnungseigentums infrage kommen, also die gerichtlich ausgesprochene Verpflichtung zum Verkauf der Wohnung. Hier haben die Richter aber sehr hohe Schranken gezogen, so dass eine solche drastische Maßnahme nur in krassen Ausnahmefällen realisierbar ist.



AZ 2011, Nr. 24, S. 7

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