Gesundheitspolitik

Kurs halten?

Klaus G. Brauer

Bei der Frage nach Sinn oder Unsinn der Rabattverträge scheiden sich immer noch die Geister. Das wurde erneut deutlich, als sich die ABDA-Spitze im Rahmen der BAK-Fortbildungswoche in Meran der Diskussion stellte. "Der Schrott muss weg" – tönte die eine Seite. "Nein, sie sind ein segensreiches Instrument" – hieß es auf der anderen Seite. Fritz Becker, der DAV-Vorsitzende äußerte Verständnis für die verbreitete Wut. Aber er zeigte sich auch als Realist. In der Tat: Die Chance, die Rabattverträge wieder wegzubekommen, ist gering. Sie bringen den Kassen Einsparungen von inzwischen deutlich über 1 Mrd. Euro pro Jahr. Das nimmt etwas Druck aus dem Kessel. Becker räumte ein, dass die Einsparungen um einiges höher seien, als wenn das ABDA-Zielpreismodell zum Zuge gekommen wäre. Richtig ist wohl auch: Wenn die ABDA gegen die Einführung der Rabattverträge Front gemacht hätte, hätte sie sich im Gegenzug wohl eine Höchstpreis-Arzneimittelpreisverordnung eingehandelt. Das hätte die Auseinandersetzung über Preise weg von der Ebene Kassen/Industrie (wo sie hingehört) auf die Apothekenebene verschoben – mit verheerenden Auswirkungen. Die pharmazeutische Verantwortung wäre dabei völlig unter die Räder gekommen. Traurig ist, dass die pharmazeutische Karte auch unter den Rahmenbedingungen der Rabattverträge viel zu selten gespielt wird. Aus Regressangst wird auch in absolut notwendigen oder durchaus gerechtfertigten Fällen nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, pharmazeutische Bedenken geltend zu machen. Das ist blamabel. Das muss sich ändern.

Auch im Hinblick auf das ABDA-KBV-Konzept wäre mehr Mut wichtig. Nach dem Willen der Partner, der Ärzteschaft und der Apothekerschaft, soll das Konzept ab 2014 – zunächst in Modellregionen – umgesetzt werden. Vereinbart ist, dass die Ärzte nur noch generisch verordnen. Der Apotheker wählt ein geeignetes Arzneimittel aus. Ärzte und Apotheker kümmern sich bei den knapp 7 Mio. Patienten, die mehr als 5 Arzneimittel benötigen, gemeinsam um einen Medikationsplan. Compliance und Therapiesicherheit sollen sich damit deutlich verbessern. Die Mehrarbeit soll Ärzten und Apothekern gleichermaßen honoriert werden. Trotzdem wird eine Einsparung von 2,1 Mrd. Euro erwartet. Lösungen für etliche Detailprobleme müssen aber noch erarbeitet werden. Der Ansatz ist ambitioniert. Er wird nur funktionieren, wenn die Basis – bei Ärzten wie Apothekern – mitzieht. Es wäre verheerend, wenn das Konzept als Tiger angekündigt wird, aber schließlich als Bettvorleger landet.


Klaus G. Brauer



AZ 2011, Nr. 23, S. 1

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