Gesundheitspolitik

Klage gegen Montanus-Service-Punkt

Apothekerkammer Nordrhein missfällt ein "Modellprojekt" im Bergischen Land

Berlin (ks). Die Apotheker-Familie Winterfeld macht nicht nur mit ihrem "Vorteil 24"-Modell von sich reden. Kritisch beäugt wird auch ihr Engagement im apothekenlosen Wermelskirchen-Dhünn. Dort befindet sich in dem Gebäude, in dem die einzigen Ärzte des Ortes praktizieren, auch ein "Montanus-Service-Punkt". Dieser hat ein Sortiment freiverkäuflicher Medikamente im Angebot, zudem können Arzneimittel bestellt und abgeholt werden. Die Öffnungszeiten sind denen der Arztpraxis angepasst. Die Apothekerkammer Nordrhein hält den Betrieb dieser Pick-up-Stelle für unlauter – sie verstoße gegen ärztliches Berufsrecht wie auch gegen Apothekenrecht. Sie hat deshalb Klage gegen die beiden Ärzte und die Apothekerin erhoben.

Die Wermelskirchener Lokalpresse berichtete letzte Woche über den Fall aus Dhünn: Dort habe man "gejubelt", als ein Apotheken-Service-Punkt im selben Gebäude wie die Landarzt-Praxis eröffnete. Doch dieses innovative und "bürgernahe Angebot" sei nun gefährdet, weil die Apothekerkammer Nordrhein gerichtlich klären will, ob die räumliche Nähe von Arztpraxis und Apotheke erlaubt ist.

Kritische Raumaufteilung

Während der Artikel im "Wermelskirchener Anzeiger" die Räumlichkeiten von einer "sauberen Trennung" zwischen Arztpraxis und Apotheke berichtet, sieht die Kammer die räumliche Anordnung weitaus kritischer. Vom Flur aus geht es laut Lokalblatt links in die Arztpraxis, rechts in den Apotheken-Ableger – geradeaus kommt man in private Wohnräume. An den Türen hängen die Wegweiser. Doch diese Anordnung wurde auch schon anders wahrgenommen: Wer nach rechts zum "Montanus-Service-Punkt" will, muss nämlich erst einmal ein Wartezimmer passieren. Die beklagte Apothekerin wendet zwar ein, dass das Wartezimmer zur Drogerie und nicht zur Arztpraxis gehöre. Ein weiteres Wartezimmer gibt es allerdings nicht.

Die Apothekerkammer sieht daher einen Verstoß gegen die gesetzlich vorgegebene Trennung zwischen dem Beruf des Arztes und des Apothekers. Aus ihrer Sicht ist eine Pick-up-Stelle in einer Arztpraxis unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten tabu. So gibt beispielsweise § 3 Abs. 2 der Berufsordnung der Ärzte vor, dass es Ärztinnen und Ärzten untersagt ist, "im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen (...), soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind". Schon hiergegen werde verstoßen, wenn man davon ausgeht, dass der Service-Punkt als Teil der Arztpraxis wahrgenommen wird.

Auch wenn die Kammer die Bestell- und Abholstellen für Arzneimittel ohnehin kritisch sieht – nach dem dm-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist klar, dass sich gegen sie wenig ausrichten lässt – jedenfalls solange sie in gewöhnlichen Gewerbebetrieben angesiedelt sind, und sei es in einer Bäckerei. Doch obwohl es andere Gewerbetriebe in Dhünn gibt, hat sich die Apotheke für die Arztpraxis entschieden.

Für den Erfolg der Klage wird es voraussichtlich entscheidend sein, wie das Gericht die tatsächlichen räumlichen Verhältnisse wahrnimmt.



AZ 2011, Nr. 21, S. 2

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