Gesundheitspolitik

Apothekenabschlag: DAV vertraut auf LSG

Berlin (ks). Der Deutsche Apothekerverband (DAV) lässt sich vom Urteil des Berliner Sozialgerichts zum Apothekenabschlag nicht so schnell verunsichern. Er ist zuversichtlich, dass das Landessozialgericht (LSG) Berlin in der nächsten Instanz den geltenden Zwangsabschlag der Apotheken an die Krankenkassen in Höhe von 1,75 Euro je Packung bestätigt.

Beim DAV hält man es keinesfalls für ausgemacht, dass auf die Apotheken saftige Rückzahlungen zukommen. Der DAV-Vorsitzende Fritz Becker schöpft seine Zuversicht aus einer vorangegangenen Entscheidung des LSG vom 5. Mai 2010, mit dem dieses die sofortige Vollziehung des von der Schiedsstelle ermittelten Abschlags angeordnet hatte – das Sozialgericht hatte hier zuvor ebenfalls anders entschieden. "Wir gehen davon aus, dass das LSG seiner damals wie heute zutreffenden Rechtsprechung treu bleibt und damit möglichst bald für die mehr als 21.400 deutschen Apotheken Gewissheit und Planungssicherheit herrscht", sagte Becker.

Rückstellungen bilden und Reserven aufbauen

Auch Frank Diener von der Treuhand Hannover gab sich beim DAV-Wirtschaftsforum optimistisch, was die letztinstanzliche Entscheidung betrifft. Allerdings riet er den Apothekerinnen und Apothekern dringend, Rückstellungen zu bilden und eine Liquiditätsreserve aufzubauen. Mit den Rückstellungen verlagere man die Versteuerung in die Zukunft, was erst einmal gut sei. Gehe der Rechtsstreit am Ende zugunsten der Apotheken aus, müsse aber das Geld vorhanden sein, die dann anfallenden Steuern zu zahlen. Im Falle eines Misserfolgs müsse die Liquidität bestehen, die gesamte Summe zurückzuzahlen.

Beim GKV-Spitzenverband wurde das Urteil des Berliner Sozialgerichts verständlicherweise begrüßt. Mit ihm werde "klargestellt, dass bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Apotheken wie bei anderen Unternehmen auch nicht nur die Ausgaben, sondern auch die Gewinne mit einbezogen werden" sagte GKV-Pressesprecher Florian Lanz. Das Urteil sei wichtig, "denn auch wenn die Krankenkassen erst einmal die Rechnungen bezahlen, wären es am Ende natürlich die Beitragszahler, die die Zusatzeinnahmen der Apotheker bezahlen müssten".

2,24 Euro als passable Lösung?

Das Berliner Sozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 27. April 2011 (siehe auch DAZ 18/2011, S. 15) ausgeführt, dass die beklagte Schiedsstelle den ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt unter Veletzung des ihr insofern zustehenden Beurteilungsspielraums unzutreffend festgestellt und gewürdigt habe. Dabei habe sie zudem "gegen Denkgesetze verstoßen" und die gesetzlichen Vorgaben für die eingeräumte Entscheidung missachtet. Trotz der nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle von Schiedsstellenentscheidungen sei im gegebenen Fall ein Aufhebungsanspruch gegeben. Richter Gunter Rudnik bemüht in seinen Entscheidungsgründen selbst viele Zahlen. Aus seiner Sicht nachvollziehbar gewesen wäre wohl eine Absenkung des Abschlag auf 2,23 Euro oder 2,24 Euro. Aber auch die seit diesem Jahr geltenden 2,05 Euro finden Erwähnung. Die Schiedsstelle, die nach dem Urteil nun verpflichtet ist, über den Abschlag 2009 unter der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, ist an diese konkreten Zahlen allerdings nicht gebunden.

Ein langer Zug durch die Instanzen steht bevor

Um rasch zu einer rechtskräftigen Entscheidung zu kommen, hat das Sozialgericht – neben der Berufung beim LSG – ausdrücklich die Revision beim Bundessozialgericht zugelassen. In der mündlichen Verhandlung hatte Richter Rudnik sogar eine Sprungrevision vorgeschlagen. Der Schiedsstellen-Vorsitzende Rainer Daubenbüchel hatte aber erklärt, er wolle nicht auf eine weitere Tatsacheninstanz verzichten – und diese bietet nur das LSG. Bis endgültige Klarheit über das Apothekenhonorar 2009 besteht, können also noch Jahre vergehen.

Hier finden Sie das Urteil des Berliner Sozialgerichts vom 27. April 2011 (Az.: S 73 KR 135/10) im Wortlaut. Zudem können Sie ein Video-Interview mit dem Sprecher des Berliner Sozialgerichts aufrufen (DAZ.TV).



AZ 2011, Nr. 19, S. 1

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